Das Salz und das Teekraut

Land: Tibet
Kategorie: Zaubermärchen

Seit vielen Generationen war der Stamm der Sha verfeindet mit dem Stamm der Nu, doch niemand wusste mehr, wie es dazu gekommen war. Zwischen den beiden Stämmen war ein Fluss, und auf jeder Seite des Wassers grasten die Schafe. Auf der einen Seite hütete Memetsog, ein liebenswertes Mädchen vom Stamm der Sha ihre Schafe, auf der anderen Seite brachte Wendampa, ein junger Mann vom Stamm der Nu seine Tiere zum Fluss. Jeden Tag sahen sich das Mädchen und der junge Mann, und es dauerte nicht lange und die beiden verliebten sich. Da sang Wendampa sein Liebeslied:

«Das Wasser des Flusses strömt dahin,
Lass uns den Tee gemeinsam kochen
Und die Armreifen miteinander tauschen.»

Bald führten sie ihre Tiere über den Fluss, weideten sie gemeinsam, tranken Tee und tauschten die Armreifen. Einmal aber, als Memetsog sich zu Hause die Hände wusch, erkannte die Mutter den fremden Armreifen und entlockte ihr den Namen des Geliebten. Ihre Mutter war die Stammesanführerin der Sha. Sie rief ihren ältesten Sohn zu sich, gab ihm giftige Pfeile und befahl ihm, Wendampa damit zu töten. Als dieser nicht wollte, schickte sie den zweitältesten Sohn, aber auch er weigerte sich, da schickte sie den Jüngsten. Verängstigt schoss er den vergifteten Pfeil auf Wendampa. Als Memetsog erfuhr, dass ihr Geliebter tot war, stürzte sie sich verzweifelt in den Fluss. Die Götter aber hatten Mitleid mit den beiden Liebenden. Memetsog verwandelten sie in einen Teestrauch, und Wendampa wurde zum Salz in den Hochebenen Tibets, dort wo die Tibeter es seit Jahrhunderten abbauen, um ihren Tee zu salzen. Wann immer nun in Tibet Tee getrunken wird, und das ist oft, entfaltet sich der Duft des Teestrauchs im salzigen Wasser des Buttertees, und die beiden Liebenden kommen zusammen.

Märchen aus Tibet, aus: D. Jaenike, Pflanzenmärchen aus aller Welt, ©Mutabor Verlag 

The salt and the tea herb

The Sha tribe had been hostile with the Nu tribe for many generations, but no one knew how it had come about. There was a river between the two tribes, and sheep grazed on either side of the water. On one side Memetsog, a lovely girl from the Sha tribe, tended her sheep, on the other side Wendampa, a young man from the Nu tribe, brought his animals to the river. The girl and the young man saw each other every day, and it wasn't long before the two fell in love. Then Wendampa sang his love song:

"The water of the river is flowing along,

Let's make tea together

And swap bracelets with each other."

Soon they were leading their animals across the river, grazing them together, drinking tea and exchanging bracelets. Once, however, when Memetsog was washing her hands at home, her mother recognized the strange bracelet and elicited the name of her beloved. Her mother was the leader of the Sha tribe. She called her eldest son to her, gave him poisoned arrows and ordered him to kill Wendampa with them. When he refused, she sent the second eldest son, but he also refused, so she sent the youngest. Frightened, he shot the poisoned arrow at Wendampa. When Memetsog learned that her beloved was dead, she threw herself into the river in despair. But the gods took pity on the two lovers. Memetsog got turned into a tea bush and Wendampa became the salt of the Tibetan plateaus, where the Tibetans have been mining it for centuries to salt their tea. Whenever tea is drunk in Tibet, which is often, the scent of the tea bush unfolds in the salty water of the butter tea and the two lovers come together.

Märchen aus Tibet, aus: D. Jaenike, Pflanzenmärchen aus aller Welt, Mutabor Verlag, englische Fassung L. Jaenike © Mutabor Märchenstiftung

Seit mehr als siebzig Jahren sind Menschen in Tibet auf der Flucht vor der Repression. Viele wagen den gefährlichen Weg über den Himalaya nach Nordindien, wo ihr Oberhaupt der Dalai Lama lebt. Mittlerweile leben die Tibeter in der ganzen Welt verstreut, manche bereits in der zweiten Generation, doch die Lage in ihrer Heimat macht keine Hoffnung auf Rückkehr.

 

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