Der Fuchs und das Rebhuhn

Land: Tschetschenien
Kategorie: Fabel/Tiermärchen

Es war einmal ein Fuchs, der hatte grossen Hunger. Er lief im Wald herum und suchte nach einer guten Beute. Da sah er auf einem Baum ein Rebhuhn sitzen. Kaum sah das Rebhuhn den Fuchs, stiess es einen erschrockenen Schrei aus: «Tschicktatschak!»
Der Fuchs setzte sich unter den Baum, schaute das Rebhuhn an und sagte. «Du kannst aber schön singen. Ich glaube, du singst mit den Augen und nicht mit dem Schnabel.»
Das Rebhuhn schüttelte den Kopf. «Aber nein, ich singe mit dem Schnabel!»
«Das glaube ich dir nicht, ich bin sicher, du singst mit den Augen. Am besten kommst du herunter, dann kann ich dir die Augen zuhalten und weiss, dass du wirklich mit dem Schnabel singst.»
«Das mache ich nicht!», rief das Rebhuhn, «du frisst mich doch bestimmt!»
«Aber nein», sagte der Fuchs. Weisst du denn nicht, dass ich schon vor einem Jahr geschworen habe, keine Rebhühner mehr zur fressen?»
Der Fuchs schaute das Rebhuhn so freundlich an, dass es vom Baum herunterflog. Aber kaum hatten seine Füsse den Boden berührt, da packte er es und sagte: «Du bist ja so dumm und glaubst mir jedes Wort! Jetzt fresse ich dich!»
«Warte!», rief das Rebhuhn. «Ich will dir ein Geheimnis verraten. Bevor du mich frisst, musst du beten, dann wird mein Fleisch für ein ganzes Jahr reichen.»
«Für ein ganzes Jahr’», fragte der Fuchs und weil er sehr hungrig war, setzte er sich hin, schloss die Augen und begann zu beten: «Bism'illahi 'rrahmâni, 'rrahîm …», in diesem Moment entwischte das Rebhuhn und flog rasch wieder auf den Baum.
«Du bist ja so dumm und glaubst mir jedes Wort!», rief das Rebhuhn lachend.
Der Fuchs ärgerte sich sehr, er legte sich auf den Boden und tat so als wäre er krank. «Siehst du nicht, wie schlecht es mir geht. Bitte komm herunter und hilf mir», sagte er.
Doch da hörte man Lärm im Wald. «Da kommt schon jemand und wird dir helfen», rief das Rebhuhn.
In diesem Augenblick kamen Jäger, sahen den Fuchs und jagten ihm hinterher. Dieser rannte so schnell er konnte fort. Wer weiss, ob er den Jägern entkam. Das Rebhuhn aber flatterte zufrieden davon.

Tschetschenisches Märchen, Fassung Djamila Jaenike, nach: A. Dirr, Kaukasische Märchen, Jena 1922

The fox and the partridge

Once upon a time there was a fox who was very hungry. He was running around in the forest looking for good prey. Then he saw a partridge sitting in a tree. As soon as the partridge saw the fox, it let out a startled cry: "Tchicktatchak!"

The fox sat down under the tree, looked at the partridge and said. "But you can sing beautifully. I think you sing with your eyes and not with your beak."

The partridge shook its head. "But no, I sing with my beak!"

"I don't believe you, I'm sure you sing with your eyes. It's best if you come down, then I can cover your eyes and know that you're really singing with your beak."

"I won't do that!" cried the partridge, "you'll eat me for sure!"

"But no," said the fox. "Don't you know that I swore a year ago that I wouldn't eat any more partridges?"

The fox gave the partridge such a friendly look that it flew down from the tree. But as soon as its feet touched the ground, it grabbed it and said: "You're so stupid and believe every word I say! Now I'm going to eat you!"

"Wait!" cried the partridge. "I want to tell you a secret. Before you eat me, you have to pray, then my meat will last for a whole year."

"For a whole year?" asked the fox and because he was very hungry, he sat down, closed his eyes and began to pray: "Bism'illahi 'rrahmâni, 'rrahîm ..." At that moment, the partridge escaped and quickly flew back up the tree.

"You're so stupid and believe every word I say!" the partridge shouted, laughing.

The fox was very annoyed, he lay down on the ground and pretended to be ill. "Can't you see how bad I am? Please come down and help me," he said.

But there was a noise in the forest. "Someone is coming to help you," called the partridge.

At that moment, hunters came, saw the fox and chased after him. It ran away as fast as it could. Who knows if he escaped the hunters. But the partridge fluttered away satisfied.

Tschetschenisches Märchen, Fassung Djamila Jaenike, nach: A. Dirr, Kaukasische Märchen, Jena 1922,  englische Fassung L. Jaenike © Mutabor Märchenstiftung

Tschetschenien gehört als autonome Republik  zu Russland und erlebte in den letzten Jahrzehnten bereits zwei Kriege. Im Unabhängigkeitskrieg 1994 wurde ein grosser Teil Tschetscheniens verwüstet und bis zu 200'000 Menschen wurden Opfer der Gewalt. Der zweite Unabhängigkeitskrieg endete nach zehn Jahren in 2009. Die Unterdrückung und Gewalt durch die eingerichtete Diktatur zwingt viele Menschen zur Flucht. 

 

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