Der Stiefelischreiber von Muri

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Während das Kloster Muri vor alten Zeiten beschäftigt war, seine Besitzungen im Freien Amte durch Kauf, Vertrag, Erbe und Prozess zu vergrössern, erhob es auch Ansprüche auf den zur Gemeinde Bütikon gehörenden Wald Bärholz. Die Leute glaubten, dieses seit uralter Väterzeit unangetastete Eigentum ohne Sünde gegen ihre Enkel nicht so leichtfertiger Weise an das Kloster abtreten zu dürfen. Ein darüber entstandener Streit sollte vom Landvogt bereits zu Gemeindegunsten entschieden werden, als sich der Klosterschaffner zum Eide anerbot, dass dieser Wald von jeher kirchlicher Grund und Boden gewesen sei. Er füllte seine Stiefel mit Erde aus dem Klostergarten, steckte unter seinen Hut die Milchkelle, welche die Sennen den Schöpfer oder Richter nennen, und schwur mit aufgehobenen Fingern, dass der Wald so gewiss des Klosters sei, so gewiss er selbst auf des Herrn Grund und Boden stehe und ein Schöpfer und Richter über ihm. Seither wandelt von den Höhen des Lindenberges bis Wohlen ein grüngekleideter Jäger, so oft in diesen Waldungen Holz gefällt wird; oder er sprengt als Reiter mit gewaltig grossen sporenklingenden Stiefeln die Holzfrevler in die Flucht. Alsdann reitet er einen Schimmel, schwingt eine feurige Peitsche und speit zugleich Feuer aus dem Munde. Andere behaupten, sein Geist sei mit geistlichen Mitteln und Exorcismen ins berüchtigte Enziloch im Entlebuch verwünscht worden und lasse sich wenigstens in Muri seitdem nicht mehr sehen. Dagegen im Entlebucher Enziloch oder Sentiloch, bei der Blumalpe, sei eine Höhle, deren Eingang stets frisch gekehrt ist, aber auch versperrt durch einen Fels, der an einem Seidenfaden vom Gewölbe herunterhängt. Ein vier Ellen dicker Hag schliesst den Platz ein. Die benachbarten Sennen am Napfberge vergessen am Abend nie, den englischen Gruss durch ihren Milchtrichter gegen den Schreckensplatz hin zu rufen, damit ihnen kein Stück der Herde schert oder versprengt werde. Scheint gleichwohl eines Schaden zu leiden, so schneidet man ihm schnell ein Kreuz ins Bauchfell.

E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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