Der Hund und das Chamäleon

Land: Togo
Region: Newe
Kategorie: Fabel/Tiermärchen

Ganz früher, da war der Büffel der König der Tiere. Als er alt wurde und merkte, dass sein Leben zu Ende ging, rief er alle Tiere zu sich. Er sprach: «Einer von euch wird mein Nachfolger sein. Aber ich kann mich nicht entscheiden, wem von euch ich den Thron übergeben soll.  Ich werde ihn deshalb im Nachbardorf aufstellen, und derjenige, der als erster dort angekommen ist, soll König über alle Tiere werden.»
Feierlich wurde der Thron ins nächste Dorf gebracht und dort auf dem Dorfplatz aufgestellt. Bald darauf machten sich die Tiere bereit, der Büffel gab das Zeichen und alle rannten los. Die Tiere waren schnell, doch der Hund war am schnellsten. Er rief: «Ihr braucht nicht mehr zu rennen, ich werde den Thron bekommen!»
So gaben viele Tiere auf, aber einige wollten es doch versuchen, den Thron als Ersten zu erreichen, doch bald schon war der Hund weit voraus. Er rannte und rannte und als er sich umschaute, konnte er keines der Tiere mehr sehen. Da lief er in die Büsche, um sein Geschäft zu machen und ruhte sich dann im Schatten ein wenig aus.
Währenddessen hatte Chamäleon ihn eingeholt und fand ihn schlafend unter einem Busch. Es kletterte auf den Schwanz des Hundes und hielt sich dort fest. Als der Hund aufstand und weiterrannte, merkte er gar nicht, dass Chamäleon mit dabei war. Er rannte in das Dorf hinein, stellte sich vor den Thron und rief den Tieren, die immer näherkamen, zu: «Bleibt stehen, ich bin schon hier, ich bekomme den Thron!»
Doch Chamäleon hatte sich vom Schwanz des Hundes gelöst und war auf den Thron geklettert und sagte: «Pass bloss auf, dass du dich nicht auf mich setzt, ich war nämlich vor dir hier.»
Der Hund wurde böse und wollte das Chamäleon vom Thron werfen, doch die anderen Tiere sprachen: «Wir wissen nicht, wer zuerst beim Thron war, deshalb wollen wir gemeinsam entscheiden. Derjenige, der so majestätisch gehen kann wie ein König, der soll auch den Thron bekommen.»
Der Hund lief als Erster an den Tieren vorbei, doch er tat es zornig und schnell. Das Chamäleon hingegen ging langsam und bedächtig an ihnen vorüber. Es hob einen Fuss in die Höhe, wartete etwas, bis es ihn absetzte und ging so gemächlich auf und ab.
«Das Chamäleon geht wie ein König. Ihm soll der Thron gehören!», riefen die Tiere.
So kam es, dass das Chamäleon zum König der Tiere wurde. Es ist sehr stolz darauf und wenn jemand in bunten Tüchern zu ihm kommt, dann sagt es: «Du hast schöne Tücher, aber ich habe noch mehr Farben als du», und dann zeigt es seine Haut in allen Farben und das tut es bis heute.

Fassung Djamila Jaenike, nach: J. Schönhärl, Volkskundliches aus Togo, Dresden/Leipzig 1909, © Mutabor Märchenstiftung

The dog and the chameleon

In the old days, the buffalo was the king of the animals. When he grew old and realized that his life was coming to an end, he called all the animals to him. He said: "One of you will be my successor. But I can't decide which of you I should give the throne to.  I will therefore set it up in the neighboring village, and the first one to arrive there will become king over all the animals."

The throne was ceremoniously taken to the next village and set up in the village square. Soon after, the animals got ready, the buffalo gave the signal and everyone ran off. The animals were quick, but the dog was the fastest. He shouted: "You don't need to run any more, I'll get the throne!"

So many animals gave up, but some still wanted to try to reach the throne first, but soon the dog was far ahead. He ran and ran and when he looked around, he could no longer see any of the animals. So he ran into the bushes to do his business and then rested a little in the shade.

Meanwhile, the chameleon had caught up with him and found him sleeping under a bush. It climbed onto the dog's tail and held on to it. When the dog got up and ran on, he didn't even notice that the chameleon was with him. He ran into the village, stood in front of the throne and called out to the animals as they came closer and closer: "Stop, I'm already here, I'll get the throne!"

But the chameleon had detached himself from the dog's tail and climbed onto the throne, saying: "Just make sure you don't sit on me, because I was here before you."

The dog got angry and wanted to throw the chameleon off the throne, but the other animals said: "We don't know who was on the throne first, so let's decide together. The one who can walk as majestically as a king should get the throne."

The dog was the first to walk past the animals, but he did so angrily and quickly. The chameleon, on the other hand, walked past them slowly and deliberately. It lifted one foot into the air, waited a little before putting it down and walked up and down at a leisurely pace.

"The chameleon walks like a king. The throne shall be his!" the animals shouted.

And so the chameleon became king of the animals. It is very proud of this and when someone comes to it in colorful cloths, it says: "You have beautiful cloths, but I have even more colors than you," and then it shows its skin in all colors, and it still does to this day.

Fassung Djamila Jaenike, nach: J. Schönhärl, Volkskundliches aus Togo, Dresden/Leipzig 1909, englische Fassung L. Jaenike © Mutabor Märchenstiftung

Togo, eine einstige deutsche Kolonie, war jahrzehntelang Mandatsgebiet der Vereinten Nationen (UNO) unter französischer Verwaltung. 1960 erlangte der westafrikanische Kleinstaat die Unabhängigkeit unter seinem ersten Präsidenten. Dieser wurde jedoch im Zuge eines Militärputsches ermordet. Es folgte eine instabile Regierung und ein weiterer Putsch, mit dem eine Militärdiktatur einherging. Politisch motivierte Unruhen, Massaker, Menschenrechtsverletzungen, Verfolgungen und Folter treiben die Menschen aus Togo immer wieder in die Flucht.

 

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