Das Glück in der faulen Kirsche

Land: Mazedonien
Kategorie: Schwank

Es lebte einmal ein Mann, der war sehr arm und er klagte jeden Tag darüber. «Es gibt kein Glück für mich», sagte er immer wieder. Aber eines Nachts hatte er einen Traum. Das Glück erschien ihm und sprach: «Geh in die nächste Stadt. Dort wartet das Glück in einer faulen Kirsche auf dich.»

«Was für ein seltsamer Traum», dachte der arme Mann. «Ich will in die nächste Stadt gehen und sehen, ob ich die faule Kirsche finde.»

Sofort machte er sich auf den Weg. Als er in die Stadt kam, ging er durch alle Gassen, aber er fand keine faule Kirsche. Es war schon dunkel, als er an einem Marktstand vorbeikam und direkt davor lag eine faule Kirsche.

Schnell bückte sich der Arme und hob die Kirsche auf.

«Was machst du da!», rief der Bauer, «du hast etwas gestohlen. Leg es zurück!»

Der arme Mann schämte sich, öffnete die Hand und sagte: «Es ist nur eine faule Kirsche», und erzählte ihm von seinem Traum.

Der Bauer lachte: «Deshalb bist du bis hierhergelaufen? Du bist ganz schön dumm. Ich hatte auch einen Traum. Da sah ich einen Brunnen, aus dem das Wasser aus drei Rohren fliesst und daneben ein Haus. Und im Haus unter dem Ofen war ein Schatz. Soll ich etwa wegen einem Traum fortgehen und in einem fremden Haus nach einem Schatz graben?»

Da schämte sich der arme Mann noch viel mehr, liess die Kirsche fallen und lief schnell davon.

Es war schon dunkel, als er nach Hause kam. Er ging zum Brunnen vor dem Haus, um Wasser zu trinken. Er hielt die Hand vor eines der drei Rohre aus dem das Wasser floss und dachte:  «Hat der Bauer etwa von diesem Brunnen gesprochen und von meinem Haus?»

Schnell lief er in sein Haus hinein, grub unter dem Ofen ein Loch und fand einen Topf voller Goldtaler.

Von diesem Tag an war der Mann reich und sagte von nun an jeden Tag: «Ja, mein Glück lag in einer faulen Kirsche!»

Fassung Djamila Jaenike, nach: W. Eschker, Mazedonische Volksmärchen, Köln 1972, © Mutabor Märchenstiftung

Happiness in the rotten cherry

There once lived a man who was very poor and he complained about it every day. “There is no happiness for me,” he kept saying. But one night he had a dream. Happiness appeared to him and said: “Go to the next town. Happiness is waiting for you there in a rotten cherry.”

“What a strange dream,” thought the poor man. “I want to go to the next town and see if I can find the rotten cherry.”

He immediately set off. When he got to the town, he walked through all the alleyways, but he didn't find a rotten cherry. It was already dark when he passed a market stall and there was a rotten cherry right in front of it.

The poor man quickly bent down and picked up the cherry.

“What are you doing!” shouted the farmer, ”you've stolen something. Put it back!”

The poor man was ashamed, opened his hand and said, “It's just a rotten cherry,” and told him about his dream.

The farmer laughed: “Is that why you walked all the way here? You're pretty stupid. I had a dream too. I saw a well with water flowing from three pipes and a house next to it. And in the house under the stove was a treasure. Am I supposed to go away because of a dream and dig for treasure in someone else's house?”

The poor man was even more ashamed, dropped the cherry and ran away quickly.

It was already dark when he got home. He went to the well in front of the house to drink some water. He held his hand in front of one of the three pipes from which the water flowed and thought: “Did the farmer talk about this well and my house?”

He quickly ran into his house, dug a hole under the stove and found a pot full of gold coins.

From that day on, the man was rich and from then on he said every day: “Yes, my luck was in a rotten cherry!”

Fassung Djamila Jaenike, nach: W. Eschker, Mazedonische Volksmärchen, Köln 1972, Übersetzt ins Englische von L. Jaenike © Mutabor Märchenstiftung

Nord-Mazedonien ist ein Binnenstaat auf der Balkanhalbinsel in Südosteuropa. 1991 rief die jugoslawische Teilrepublik ihre Unabhängigkeit aus, es folgten bürgerkriegsähnliche Zustände sowie wirtschaftliche und soziale Probleme mit grossen Auswanderungswellen. Die politische Krise zwischen 2015 und 2017 führte zur zeitweisen Evakuierung von Teilen des Landes. Bis heute verlassen jährlich 10% der Bevölkerung das Land aufgrund von Korruption und Perspektivlosigkeit.

 

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