Der schwarze Wasserbutz

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Bei Vals das Seitental hinauf liegt die Alp Peil. Dort sahen zwei Bauern eines Abends als es gerade eindunkelte, den schwarzen Wasserbutz. Wo er auftaucht, dort regnet es heftig und lange, bis die Bäche und Flüsse über die Ufer treten  und Haus, Hof, Wiesen und Äcker überfluteten und verwüstete. Redet man freundlich mit dem schwarzen Wasserputz, obwohl er sehr grausig aussieht und erschreckend wüst tut, dann richtet das Unwetter keinen Schaden an. Spricht man aber kein Wort mit ihm, dann ist der Schaden gross.

An jenem Abend hatte es schon seit Tagen geregnet, und die beiden Bauern waren eben dabei, ihr Vieh vom unteren Stall in den oberen zu treiben und Dämme vor ihre Alphütte zu bauen, um sie vor den Fluten zu schützen. Aber sie warne nicht schnell genug, das reissende Wildwasser drohte die untere Hütte wegzuschwemmen. Schon floss Wasser und Schlamm durch die Tür und die Bauern mussten mit aller Kraft dagegen ankämpfen. Spät am Abend waren Keller und Stall leer geschöpft und die beiden Bauern fielen todmüde ins Stroh.

Unterdessen regnete es draussen ununterbrochen weiter, als wollte es nie mehr aufhören. Der Bach schwoll mächtig an und riss mächtige Erdbrocken und Steine ins Tal. So fürchterlich toste und brauste das Wildwasser die Abhänge herab, dass die Bauern auf ihrem Lager vor Angst kein Auge schliessen konnten. Da standen sie auf und traten unter die Tür, um hinauszuschauen. Das Haus stand jetzt mitten im brausenden Wasser. Der Regen goss in Strömen. Blitze zuckten über den Himmel und Donner rollte die Felswände entlang. Da sahen sie plötzlich, erhellt vom Leuchten des Blitzes, ein unförmige, schwarze Gestalt, die durch die reissenden Fluten auf die Hütte zuwatete. Dabei machte diese unheimliche Erscheinung ganz sonderbare, geisterhaft Bewegungen, tanzte durchs Wasser, wälzte sich im Schlamm und peitschte mit Händen und Füssen die Wasseroberflächen, so dass Wellen hoch aufspritzten. Dann klatschte die dunkle Gestalt laut mit ihren grossen Händen und bei jedem Klatschen stürzte das Wasser noch heftiger vom Himmel. Dazu stiess sie ein heiseres Geschrei aus, worauf von allen Hängen Erde ist Tobel hinunterrutschte. Plötzlich sahen die Bauern entsetzt, dass die dunkle Gestalt Ziegenfüsse hatte. Nun sprang der Wassermann mit einem Schrei, der Mark und Bein durchdrang, aus dem Wasser und über den nächsten Hügel hinweg. Im selben Augenblick rutschte dicht neben der Alphütte ein Schlammstrom den Bach hinunter.

„Das war der schwarze Wasserbutz!“, riefen die Bauern und sanken vor Schreck auf der Türschwelle zu Boden. Erst nach einer Weile erholten sie sich und schleppten sich hinein auf den Strohsack, wo sie in unruhigem Schlaf versanken. Als sie sich am Morgen endlich aus ihrer Hütte wagten, war ringsum nichts zu sehen als schlammbedeckte Weiden, Schutt und Felsgeröll. „Das hat der schwarze Wasserbutz getan!“, riefen sie klagend. „Hätten wir nur ein Wort mit ihm geredet, dann wäre alles anders gekommen!“

Quelle: Die schönsten Märchen der Schweiz, herausgegeben und bearbeitet von Dirk Vaihinger, Nagel &Kimcheim Carl Hanser Verlag München

Volkstümliches aus Graubünden, Dietrich Jecklin, Chur 1916

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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