Die Hexe in Wolfsgestalt

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

In der Gegend von Luzein schreckte einmal ein Wolf Herde und Hirten und vexirte die Landleute auf mancherlei Weise. Er fürchtete nicht nur die Verfolgung der Jäger nicht, gegenheils schien er sie noch mehr dazu anzu­feuern, wohl wissend, dass sie ihm nichts anhaben konnten. Waren die Jäger ihm nahe gekommen und im Begriffe Feuer zu geben, kehrte er sich nur um und schaute ganz ruhig zu, wie das Pulver auf der Zündpfanne verpuffte; kein Schuss für ihn bestimmt, wollte losgehen, und lange dauerte die vergebliche Jagd auf den Wolf. - Da kam ein Tyroler; ihm zeigte ein Mann der dem Wolfe oft vergebens nachgestellt hatte, sein Gewehr, klagte ihm das Ärgernis und war der Meinung, seine Flinte tauge nichts. Der Tyroler, ein Meister im »Verstellen«, »Nestelknüpfen« und Anderm mehr, besichtigte das Geschoss, »der Flinte fehlt nix, nur der Schuss ist verstellt,« zog den alten Schuss aus, liess sich drei Gerstenkörner geben, lud dieselben mit dem Pulver und ermahnte den Jäger, wenn er den Wolf wiedersehe, möglichst gut zu zielen, dann aber beim Losdrücken die Flinte nicht zu nahe an den Leib zu halten, denn der Schuss werde diesmal stark losgehen. - Richtig kam der Wolf wieder, der Jäger legte an und drückte los. Das Feuer war von so starker Wirkung, dass es dem guten Mann doch eine »grausame Täsche« gab und das Flintenschloss wegsprengte. Am Morgen darauf ging er hin, wo der Wolf gestanden hatte, und fand im Schnee einen Büschel Menschenhaare und etliche Tropfen Blut, auch die Wolfsspuren, die er dann bis nach Pany hinauf verfolgte. Dort war seit längerer Zeit ein altes Weib ansässig, die im Ansehen einer Hexe stand; die suchte er auf und fand sie krank im Bette, mit verbundenem Gesichte. Wie sie ihn kommen sah, verführte sie solchen Lärm und Gejammer, dass dem Jäger »wind und weh« wurde und er froh war, aus ihrer Nähe wieder wegzukommen; aber seit der Zeit ist auch der Wolf nicht mehr erschienen.

Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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