Der Geist als Pudel

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Vor wenigen Jahren starb in Malans der dortige Gemeindsbürger M. Köhl, welcher seiner Zeit auch in der Dorf-Obrigkeit gesessen. Der wohnte im letzten Hause auswärts der Kirche, unterhalb, am Wege nach Jenins. Er war ein wohlhabender Mann und ihm hatten Curer-Herren, die in Malans Weingärten besassen, vertrauensvoll Solche zur Aufsicht oder Besorgung übergeben.

Nun verwechselte er aber zeitweise das »Mein und Dein«, besonders zum Nachteile seiner Grund-Nachbarn. Zudem war er »Torkelmeister«, und in dieser Eigenschaft konnte er ganz ungestört dem ihm zu stark scheinenden Wein durch Abziehen (für seinen Bedarf) und Nachgiessen von ganz ächtem Wasser den »übermässigen« Geist nehmen.

Als dann einmal bei der Weinlese ein Tanz veranstaltet wurde, machte er Denselben mit, - fiel aber - zum grössten Schrecken der Anwesenden, vom Schlage gerührt, plötzlich um, und war eine Leiche, die wenige Augen­blicke danach ganz schwarz wurde.

Er hinterliess zwei Töchter und einen Sohn, die bei seinen Lebzeiten meistens böse Tage gehabt, weil er sie, »mir nichts, dir nichts« oft prügelte, ganz unverdienterweise. Die Töchter haben aber durch den wandernden Geist ihres Vaters von dieser Zeit an keine Ruhe und Rast mehr gehabt. Als ungeheurer Pudel kommt er allabendlich bei eintretender Nacht, und heult erbärmlich, wenn etwa die Haustüre, oder die Türe des Gema­ches, das er bei Lebzeiten bewohnte, geschlossen sind. Kann er aber unge­hindert in Dasselbe gelangen, so gibt er sich zufrieden.

Einzig zur Zeit der Festtage rumort er schrecklich, und alljährlich am Tage, an welchem er so plötzlich gestorben, ist er gar böse und unaussteh­lich. Da plagte er stets seine beiden Töchter zum Entsetzen, und zwar so arg, dass die Eine in Folge der Misshandlungen und Schrecken starb. Die andere Tochter und der Sohn zogen aus dem Hause weg, da sie sich fürchteten, alleine dort zu wohnen. Kaufen wollte das verrufene Haus Niemand, und - die Haustüre, sowie die Gemach- Türe mussten ausge­hoben werden, damit der »Pudel« ungehinderten Durchpass hatte.

Zwar hatten die »Ledigen« (unverheirateten Männer) einmal es gewagt, die Türe einzuhängen; aber dieselbe Nacht »trottete« der Pudel im Dorfe herum, heulte vor allen Häusern, und kratzte an allen Türen, wo er bei­kommen, und Schlafende wecken konnte. So war er von da an in seiner Hundsgestalt von Jedermann gefürchtet, wie man seine Kinder bedauerte.

Obschon der Ortspfarrer bei der Leichenrede für seine arme Seele ein Gebet brachte, und auch nachher viel »unrechtmässiges erworbenes Gut« doppelt und dreifach wieder erstattet wurde, hat er bis heute noch keine Ruhe. Zuweilen trägt er (eben als Pudel) ein Laternchen mit blauem Lichtlein in der Schnauze, in das Haus, das er als Geist immer noch, alleine bewohnt; ist er dann in seiner Kammer drin, so heult er oft Stunden lang; naht sich dann Jemand dem Hause, hört er eine Weile auf, zu heulen, bis Niemand mehr in der Nähe ist.

Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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