Der Tanz auf Palfries

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Die Knechte auf der "Bäschneralp" hatten beschlossen, einmal einen lustigen Tag zu haben, und bestellten zu diesem Zwecke zwei Geiger und einige Mädchen aus dem Dorfe Bärschis auf die Alp. Mit diesen zogen sie nach der benachbarten Alp Palfries, wo im alten Rathausgebäude ein ordentlicher Platz zum Tanzen war.

Nachdem sich dann besagte Alplergesellschaft den ganzen Tag hindurch nach ihrer Art aufs tollste amüsiert hatte, wollten die Mädchen gegen abend wieder nach Hause zurückkehren. Allein die Knechte hielten sie zurück und tanzten mit ihnen bis zum kommenden Morgen, obwohl sich während der Nacht ein fürchterliches Donnerwetter mit Hagelschauer über die Alpen ergossen hatte und niemand zur Besorgung und Überwachung der Herde in der "Bäschneralp" geblieben war.

Der Leichtsinn kam die Knechte teuer zu stehen; denn während des Hagelwetters war fast die ganze Sente über die Felswände hinausgesprungen und zu Grunde gegangen, und die fahrlässigen Hirten mussten, so weit ihr Vermögen hinreichte, den Schaden vergüten. Nebst dem müssen sie seither auch nach dem Tode in den betreffenden Nächten und so oft Hagelwetter eintritt ihr sorgloses und mutwilliges Treiben auf Palfries fortsetzen.

Jäger Wildhaber von Sargans übernachtete im Spätherbst 1816 an der erwähnten Stelle und war eben damit beschäftigt, sich zu seinem Nachtessen einen "Tatsch" zu bereiten, der in einem Kesseli ob dem Feuer lustig brodelte, als ein Mann mit grünem Hute zur Türe hereintrat und ihm barsch befahl, sich schnell zu entfernen, weil eine Gesellschaft nachkomme und man ihn dann hier nicht brauchen könne. Wildhaber erwiderte: "Meinen "Tatsch" muss ich doch noch fertig backen," und während er dies sagte, wendete er ihn im Kessel um, so dass die heisse Butter mit vielem Geräusch Hochauf zischte.

Die angesagte Gesellschaft, bestehend aus 3 Paaren, war unterdessen schon in Begleit von 2 Geigern angerückt; Wildhaber hatte kaum noch Zeit, den "Tatsch" aus dem Kessel in seinen Filzhut zu schütten und damit zur Türe hinauszueilen, als die Musik begann und ein wilder Tanz eröffnet wurde
J. Natsch.
(Manuskript, im Besitze des Hist. Vereins St, Gallen.)
 

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 155, S. 74

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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