Die Böcke

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Die Böcke

Im Kriege gegen die Eidgenossen taten sich in der Stadt Zürich etliche frische und redliche Kriegsknechte hervor. Die nannte man die Böcke. Die waren selten daheim, sondern sie trieben sich die meiste Zeit in den Gebieten der Eidgenossen herum, die die Stadt belagerten, und fügten Ihnen mehr Schaden zu als die ganze Kriegsmacht, die in der Stadt lag, indem sie raubten, brannten und Leute gefangen nahmen.

Einmal zogen ihrer sechzehn aus, und als sie nach Altstetten kamen, begegneten sie sieben Mann, die drei Wagenladungen Wein führten, der für das Berner Lager bestimmt war. Sie fingen die sieben Fuhrleute und führten den Wein samt den Gefangenen durch die Lager der Eidgenossen hindurch in die Stadt, ohne dass ihnen etwas geschehen wäre. Sie liessen den Wein ausrufen und schenkten ihn auf der niederen Brücke beim Rathaus aus. Er schmeckte jedermann wohl, denn er war recht gut. Nicht lange drauf fingen die Eidgenossen drei redliche Zürcher; die tauschte man gegen die Weinführer aus.

Einmal zogen die Böcke und mit ihnen einige mutwillige Gesellen über den Albis ins eidgenössische Gebiet hinein und stahlen da mehr als vierzig Stück Hornvieh. Sie trieben es . . .  durch das Lager der Feinde in die Stadt, und es geschah ihnen kein Leid.

Im Konstanzer Frieden wollten die Eidgenossen die sechzehn Böcke vom Friedensvertrag ausschliessen. Sie verlangten auch von der Zürchern, dass sie ihnen die Heimkehr nicht gestatteten und ihnen auf keine Art helfen durften. Das lag nun den Zürchern schwer auf, dass sie jene, die der Stadt so viel Gutes getan und sich so ehrlich gehalten hatten, im Stiche lassen mussten. Die Böcke aber sprachen . . .: „Lasst es euch nicht dauern . . . Wir wollen uns selbst wieder helfen. Wir kennen so viele Wege und Stege, Schliche und Ränke gegen die Eidgenossen, dass wir sie noch dazu bringen, dass sie nach Frieden schreien müssen und nicht wir.“ Sie nahmen Schlossrecht auf Hohen Krähen.

Landammann Fries von Uri hätte den Gesellen gern geholfen. Sie kamen zu ihm und baten um seinen Rat. Der sprach: „Liebe Gesellen, ist wegen euch manches versucht worden; es will alles nichts helfen. Ich weiss euch nichts besseres zu raten, als dass ihr schaut, einen bekannten und geachteten Eidgenossen zu fangen und auf Hohen Krähen zu führen. So wird man von eurer Sache wieder reden müssen!“ Die Gesellen bedankten sich für den guten Rat . . .

Einige Zeit darauf kundschafteten die Böcke aus, dass eben jener Ammann von Uri nach Zürich auf den Markt wollte und mit dem Pfäffiker Nauen nebst andern Marktleuten den See hinab fuhr. Bei Meilen hielten sie, wohl bewehrt und bewaffnet, mit zwei starken Weidlingen das Marktschifff an.

Mit gespannter Armbrust befahlen sie, still zu halten, es sei ein Mann auf dem Schiff, den sollten sie herausgeben oder sie müssten alle sterben Da merkte der Ammann von Uri wohl, dass es um ihn zu tun war und sprach: „O, ihr Gesellen, euch ist gut geraten; aber ich meinte nicht, ihr müsstet es an mir versuchen!“ Er stieg zu ihnen ins Schiff und sie führten ihn auf die Hohen Krähen. Dort schrieb er denen von Uri und den anderen Eidgenossen, sie sollten ihn befreien Der Landammann wurde wirklich befreit, und die sechzehn durften auch heimkehren.

Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee
Nach Brennwald, ins Neuhochdeutsche übertragen, mit Kürzungen.

 

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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