Die Wißmaidli-Tanne war ein alter Baum bei Oberflachs, jetzt gefällt; der Wißmaidli-Brunnen ist in der Nähe. An sehr heißen Sommertagen zeigt sich da eine große Schlange, welche Augen wie Baumnüsse und einen zundclrothen Kamm hat; bemerkt man sie, so kann man sicher auf ein ganz nahes Gewitter rechnen. Sie war schon zur Zeit da, als die Berner Landvögte noch auf dem Schloß Schenkenberg wohnten. Nur wenn man einen Nagel durch ihren Kopf schlägt und ihr die Haut abstreift wie einem Aal, so und nicht anders ist sie zu erlösen. Die Knaben, die dies erzählen, setzen bei, man bekomme von ihrem Anschauen böse Augen, und müßt dann ins Heilbad nach Schinznach.
Diese Schlange ist die Tochter gewesen eines Junkers von Schenkenberg. Als ihr Vater mit dem Kaiser in den Krieg gezogen war, Vergrub sie alle Schätze unter dreifachen Mauern und Gewölben zutiefst im Boden des Schloßbergs und starb, ehe der Ritter wieder aus dem Kriegszuge heimgekehrt war. Seitdem der Stamm der Schenkenberger erloschen ist, haben schon manche Schatzgräber den hier verborgenen Reichthümern nachgespürt; auch das Burgfräulein soll schon etlichen erschienen sein und sie um einen Kuß gebeten haben. ' Der Gemeinderath von Thalheim hat aber alles Nachgraben in der Ruine streng untersagt.
Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 5
Kanton: Aargau
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.