Waschende Geister, 1 - 10

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

1. Schlossjungfer auf Wessenberg.
Die Ruine Wessenberg liegt im Bezirke Brugg. Auf dem verwilderten und verschütteten Schlosshofe geht die Schlossjungfer alle Charfreitage im steinigen Schlossgässchen umher; will aber die Witterung umschlagen, so kommt sie bis zum sogenannten Dorfbrunnen in Hottwil und spült dorten Linnen und Wäsche. Sie soll früherhin verschiedenartige Gestalten angenommen haben, seit einigen Jahren spricht man indess nicht mehr von ihr. Schatzgräber haben im Burgstall Silbermünzen von achteckiger Form gefunden.

2. Das Wäscherli
ist der Name eines Weihers bei Birri. Das Volk sagt, es sei die älteste Waschgrube der Gegend gewesen. So oft schlechtes Wetter kommt, erscheint hier ein Weib in alterthümlicher Tracht und schwadert diejenigen Linnen, die sie vormals bei einer Dorfwäsche gestohlen haben soll. Sie trägt einen breiten Schinnhut (Weidengeflechte), kurze Jüppe, rothes Brusttuch, auch eine starkgefaltete Schaube (Deckelmütze). Ein Mann aus der Schweddi und der Altammann von Birri haben sie so erblickt.

3. Das Bündelmaideli
spukt im Frickthale auf dem Homberge zwischen Wittnau und Wegenstetten an derjenigen Stelle, wo ein Wallfahrtskreuz errichtet ist. Man droht noch den unfolgsamen Kindern in der Gegend mit ihr.

4. Der Bergfridli
lässt sich aus den Waldungen her im Frickthale hören und gilt mit seinem Rufen als ein Wetterprophet. (Er gehört zu den männlichen Witterungsgeistern und wiederholt sich Abthl. XI, No. 472: Frickthaler-Landespatron Fridolin.)

5. Die Waschjungfer
von Rohrdorf, Bezirks Baden, wird Nachts auf dem Brunnenstein gesehen, wie sie Wäsche windet und ausbreitet.

6. Das Strähl-Anneli und das Spinnmütterli
gelten nur noch als unheimliche Vorstellungen bei der Bevölkerung des Badener-Bezirkes. Letzteres hielt sich besonders in jenem Theile der Weinberge vom Dorfe Würenlos auf, welchen man den Bick nennt. Man mass ihr die Schuld bei, wenn der Rebmann seinen mühsam auf die Höhe getragenen Korb voll Dünger zur Unzeit umgeleert fand.

7. Das Bachmaidschi auf der Ziegelmatte.
Will man vom Dorfe Dottikon im Freienamte aufwärts nach dem Nachbardorfe Hägglingen gehen, so hat man anfangs an einem tiefen Bachtobel hinzusteigen. Hier wandelt zu Fronfasten das Bachmaidschi als blaue Flamme über die rauschenden Wasser herab. Wer sich ihr vorsätzlich in den Weg stellen will, bekommt einen geschwollenen Kopf. Am jenseitigen hohen Ufer liegt ein kegelförmiger Bühl wie ein alter Burgstall mitten in dem Wiesgelände. An seinem Fusse stösst man vielfach auf Scherben von Urnen; das Volk, welches daraus schloss, hier müsse einst eine Ziegelhütte gestanden haben, nennt die Flur die Ziegelmatt. Von da aus nimmt auch der Dorfhund seinen Lauf.

8. Brunnenmädchen in Küttigen.
Beim Bärenbrunnen im Dorfe Küttigen pflegt in gewissen Nächten ein weiss gekleidetes Mädchen Wasser zu holen; man sagt, sie sei früher Wirthin gewesen und habe den Schenkwein zu sehr getauft. Ein Küttiger bewog einmal seine Frau, des Nachts mit zu gehen, um dieses Mädchen zusammen zu betrachten. Die Frau aber vermochte von allem nichts zu sehen, nur dass sie hörte, wie man einen Züber am Brunnentrog abstellte. (A. Birrcher in Laufenburg.)

9. Am Südabhang des Berges Maiengrün im Freienamte läuft ein Fahrweg vom Dorfe Hägglingen nach Mäggenwil; an demselben liegt das Müseli. Hier sitzt an einem Bergquell, welcher Müselibrunnen heißt, das Müselifräuli, kämmt und wäscht sich, breitet bunte schimmernde Gewänder in der Sonne aus und während sie einen Ellenstab drüber schwingt, singt sie klagende Lieder. Zur Zeit des beginnenden Frühlings sieht man sie am öftesten. - Der Name dieses Müseri- oder Moosweibchens wiederholt sich in dem des Müserigeistes von Gebistorf, No. 345.

10. Die alte Köchin
Im Dorfe Tägerig umgeht die Ortskirche herkömmlicher Weise ein Nachtgeist, den man die alte Köchin heisst. Sie trägt eine Bränzhaube, das ist eine schwarze Florhaube mit strahlenförmig um das Haupt gehendem Drahtrande, dazu ein weisses Goller, nämlich einen viereckig geschnittenen Halskragen, der Brust und Nacken bis zur Hälfte herab deckt, und ein schwarzes Jüpplein, ein Mieder, das mit der Brisnestel über der Brust künstlich verschnürt ist. Vom Schulhaus bis zur Kirche geht sie hinter einem Hag her, in der Hand hat sie einen kleinen masshaltigen Milchkessel; er glänzt, als ob er frisch vom Blechschmied käme. Ein Hündlein mit weissem Rubelhaar (zottig) und rothem Halsband lauft hinter ihr her. Ein junges Mädchen, das der Alten begegnete, wollte ihr guten Abend bieten und wie man einen solchen Gruss nicht nach der Tageszeit, sondern je nach der gerade geltenden Arbeit auszudrücken pflegt, sagte das Kind: Jhr geht gar spät Milch holen. Da war die Alte verschwunden, das Kind aber kam mit einem gewaltigen Rüfenmaul heim.

Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 150

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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