Der brennende Bräutigam

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Ein Mädchen kehrte vom Jahrmarkte nach Hause und erwartete, von ihrem Bräutigam auf dem Heimwege eingeholt zu werden. Als sie in solchen Gedanken gegen diejenige Rüti kam, die ihrem Liebsten gehörte, sah sie im Felde drinnen einen Mann stehen, dessen ganzer Körper ein blosses Knochengerippe war, aber von einem grellen Feuer in allen Lücken fürchterlich durchschlagen. Nur der Kopf der Gestalt war noch ganz, und mit Entsetzen erkannte sie darin die leibhaftigen Gesichtszüge ihres Geliebten. Sie entsprang und war an ihr Haus gekommen, ehe sie es recht wusste.

Da aber lag ihr Schatz schon drinnen auf der Ofenbank und wartete getrost auf ihre Ankunft. „Jesus, Maria!“ rief sie, „bist du da?“ - „Schon lange“, antwortete er. „Und doch habe ich dich erst draussen auf deiner Rüti gesehen!" - „Da musst du“, versetzte der Bursche, „vierfache Augen vom Markte heimgebracht haben, denn seit einer Stunde schon hab' ich hier länge Weile nach dir auszustehen.“ -

„Ach Schatz“, rief das Mädchen, „ich lasse mir's nicht nehmen, ich habe es mit meinen gesunden Augen gesehen. Was hast du angestellt?“ Der Bursche leugnete fort, und das Mädchen nahm sich vor, ihn von nun an zu meiden.

Sie beichtete es dem Pfarrer, und dieser erklärte ihr, sie dürfe Gott auf den Knieen danken, dass er ihr ein solches Geheimnis noch in diesem Leben geoffenbart. Nun liess er den Burschen kommen und setzte ihm auseinander, was das heissen wolle, Marchsteine versetzen, und welch schreckliche Strafe auf ein Verbrechen folgen müsse, das der allwissende Gott sogar noch in diesem Leben aufzudecken suche.

Solche Vorstellungen erschütterten den jungen Mann im Innersten, und schluchzend bekannte er, wie er dem Nachbarn die Hälfte seiner Rüti durch Verrücken der Marchen weggenommen habe. Dankend gieng er vom Pfarrer und bestellte alles, wie er es gelobt hatte, in der rechten Ordnung.

Ob er aber dann seine Braut wieder besucht und ihre Liebe wieder gewonnen habe, davon wusste das Mädchen nichts zu sagen, das diese Geschichte in unserm Hause erzählt hat, als sie ihre Lebkuchen zum Verkaufe herumtrug.

Quelle: E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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