Die Hardmännchen auf der Ramsflue

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Hinder der Ärlisbacher Egg, zwischenem Dörfle Hard und dem alte Lorenzekapällele, stoht im ene Täle so ganz eleigge e grüsle vertraite Flue. Se sägere d' Ramsflue. Uf der hindere Site isch se hohl, und d'Höhle het numme e chline Igang.

Do sind denn emol, me weiss nid exakt in wele Johrgänge, so rarige Mändle gsi, die sind i die Höhle us und i gange, händ ganz e so es eiges Läbe gfüehrt, und en apartige Hushaltig, und sind ganz bsunderig derhär cho, so wirklich gstaltet, und mit eim Wort, es isch halt kei Mönsch usene cho, wer se denn au seige, woher se cho seige und was se tribe. Ämel gkochet händ se nüd, und Wurzle und Beeri ggässe. Unde a der Flue vorbi lauft es Bächle, und i dem Bächle händ die Mändle im Summer badet, wie Tüble, aber eis vonene het immer Wacht gha, und het pfiffe, wenn öpper derhär cho isch, uf em Fuessweg; denn sind sie ame gsprunge, was gisch was häsch, der Bärg uf, dass ene kei Haas noh cho wär, und wie der Schwick in ehre Höhle gschloffe. Dernäbe händ se kem Mönsch nüt z' Leid to, im Gägeteil, Gfelligkaite, wenn se händ chönne.

Einisch het der Hardpur es Füederli Riswälle glade, und wil er elei gsi isch, het ers au fast nid möge. E sones Mändle gsehts vo der Flue oben-abe und chunt der durab zhöpperle über Driese, und hilft dem Pur, was es het möge. Wo se do der Bindbaum wänd ufe tue, so isch das Mändle ufem Wage gsi und het grichtet, und der Pur het überunde azoge a de Bindchneble. Do het das Mändle s' Seil nid recht ume gliret, und wo der Pur azieht, schnellt der Baum los und trifft s' Mändle ane Finger und hets wüest blessirt; do foht der Pur a jommere und seit: „O heie, o heie, wenn's numenau mir begegnet wär!" Do seit das Mändle: „Abba, das macht nüt, sälben to, sälben gha!" Mit dene Worte springts vom Wage-n-abe, het es Chrütle abbroche, hets verschaffet und uf das bluetig Fingerle gleit, und das hät alles wägputzt.

Mängisch, wenn rächtschaffne Lüt dure Tag gheuet oder bunde händ und se sind nid fertig worde bis z'Obe, und s'het öppe welle cho rägne, so sind die Härdmändle cho und händ gschaffet und gwärnet druf ine, bis alles im Schärme gsi isch. Oder wenns dur d'Nacht isch cho wettere, händ se s'Heu und s'Chorn, wo dusse gläge isch, de Lüte zum Tenn zue trait, und am Morge het alles grosse Auge gmacht, und se händ nid gwüsst, wers to hät. Denn händ erst no die Mändle kei Dank begehrt, numenau, dass me se gern hät. Ame-n-im Winter, wenn alles Stei und Bei gfrore gsi isch, sind die Mändle is oberst Hus cho z'Ärlisbach; se händs halt gar guet chönne mit dene Lüte, wo dert gwohnt händ, und sind ame durd d'Nacht ufem Ofe gläge, und am Morge vor Tag händ se se wieder drus gmacht. Was aber gspässig gsi isch, si händ ehre Füessli nie vüre glo, händ es scharlachrots Mänteli trait, vom Hals bis ufe Bode-n-abe.

Jetzt hets im Dorf so gwunderige Meitle und Buebe gha, die sind einisch z'Nacht vor das go gen Äsche streue, dass se gsäche, was die Härdmändle für Füessle hebe. Und was händ se gfunde? S'isch frile wunderli: Aente- und Geissfüess sind in der Äsche abdrückt gsi. Aber vo selber Stund a isch keis Mändle meh cho, und se sind au nümme uf der Ramsflue bliebe, i d'Kräche händ se se verschlosse, tief i d'Geissflue hintere, und händ keis Zeiche meh von ene ge und chöme nümme, so lang d'Lüt so boshaft sind.

(Originaltext)

 

Die Hardmännchen auf der Ramsflue

Hinter der Erlinsbacher Egg, zwischen dem Dörflein Hard und dem alten Lorenzenkapellchen, steht in einem Tale ganz alleine eine grauslich verdrehte Fluh. Sie wird Ramsflue genannt. Auf der hinteren Seite ist sie hohl, und die Höhle hat nur einen kleinen Eingang.

Da waren einmal, man weiss nicht genau in welchen Jahren, so eigenartige Männlein, die in dieser Höhle ein- und ausgingen und ein ganz eigenes Leben geführt haben. Sie hatten eine aparte Haushaltung und kamen ganz besonders daher, so wirklich gestaltet, mit einem Wort, es konnte kein Mensch erraten, wer sie waren und woher sie kamen und was sie trieben. Jedenfalls kochten sie nicht und assen Wurzeln und Beeren. Unter der Fluh fliesst ein Bächlein vorbei, in dem die Männchen im Sommer badeten wie die Täubchen. Aber eines von ihnen hielt immer Wache und pfiff, wenn jemand daher kam auf dem Fussweg; dann liefen sie geschwind weg, den Berg hinauf, so schnell, dass ihnen kein Hase hätte folgen können, und schlüpfen wie der Blitz in ihre Höhle. Daneben haben sie keinem Menschen etwas zu Leide getan, im Gegenteil, Gefälligkeiten, wann immer sie konnten.

Einmal hatte der Hardbauer ein kleines Fuder Reiswellen geladen, und weil er alleine war, konnte er es fast nicht machen. So ein Männchen sah das von der Fluh aus und hüpfte schnell herzu und half dem Bauer, was es konnte. Als sie den Bindbaum oben drauf tun wollten, war das Männlein auf dem Wagen und richtete ihn und der Bauer zog unten an den Bindknebeln an. Aber das Männlein hatte das Seil nicht richtig um den Baum gewunden, und als der Bauer es anzog, schnellte der Baum lose und traf das Männlein an einem Finger und verletze es wüst. Da fing der Bauer an zu jammern und sagte: „O heie, o heie, wenn das doch nur mir geschehen wäre!“ Da sagt das Männlein: „A bah, das macht nichts; selber getan, selber gehabt!“ Mit diesen Worten springt es vom Wagen herunter, brach ein Kräutlein, verschaffte es und legte es auf den blutigen Finger, und alles war weggeputzt.

Manchmal, wenn rechtschaffene Leute den Tag hindurch geheut oder gebunden hatten und damit bis zum Abend nicht fertig wurden und es regnen wollte, so kamen die Hardmännlein und schafften und werkten, bis alles im Trockenen war. Oder wenn es in der Nacht ein Wetter gab, trugen sie das Heu und Korn, das draussen lag, der Tenne zu und am Morgen machten alle grosse Augen und wussten nicht, wer’s getan hatte. Dann begehrten die Männlein aber erst noch keinen Dank, nur, dass man sie gerne hatte. Im Winter jeweils, wenn alles Stein und Bein gefroren war, kamen die Männlein ins oberste Haus in Erlinsbach; sie konnten es gut mit den Leuten, die dort wohnten. Sie lagen nachts auf dem Ofen und am Morgen vor Tag machten sie sich wieder davon. Was aber komisch war, dass sie ihre Füsslein nie zeigten. Sie trugen ein scharlachrotes Mäntelein, vom Hals bis zum Boden hinunter.

Im Dorf waren aber neugierige Mädchen und Buben, die eines Nachts hingingen und Asche streuten, damit sie sähen, was die Hardmännlein für Füsslein haben. Und was fanden sie? Zu ihrem Verwundern waren Enten- und Geissfüsschen in der Asche abgedrückt. Aber von selber Stund an kam kein Männlein mehr, und sie blieben auch nicht auf der Ramsfluh, sondern verschlossen sich in den Tobeln der Geissfluh, gaben kein Zeichen mehr von sich und kehren nie mehr zurück, so lange die Leute so boshaft sind.

(Übersetzung)

C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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