Das Fineljääggi

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Das Fineljääggi zu Gimmelwald war sein Lebtag ein verworrenes Tonnermanndli, das alle Halme aus allen Hägen herausrupfte und jeden Batzen schindelte. Auf dem Finel oben, eine Stunde oberhalb des Dorfes, mähte es immer über die March und behielt den Abnutz für sich. Es war ein missgünstiger Geizgnäpper, seine Geissen frassen zur Hälfte gestohlenes Gras. Das Jääggi (Jakob) befahl ihnen des Morgens wie den Hühnern: "Flüg us, un gang suech!“ Wenn die beiden Mutschen am Abend vollgefressen aus dem Gemeindewald kamen, dann brummelte es wohlgefällig in seinen Chuderbart:

"D'r Choch im Huus Un d` Geiss im Wald Verdärben nid bald !

Ja gewiss, heut hab ich wieder gehuuset!"

Im Frühjahr, wenn Bach und Brunnen zu rinnen begannen, und die Bergweiden aper wurden, dann war das Jääggi beizeiten oben im Finel, um die seine von dem zu räumen, was der Winter Unerwünschtes zurückgelassen hatte.

Obsi g'ruumd ischt Zyt versuumd,

Nidsi g’ruumd ischt ewig g'ruumd!

Das Manndli liess sich das gesagt sein, warf eifrig an der Halde Schutt, Holzspreissel und Steine über die March seinem untern Anstösser zu. Alle guten Ermahnungen waren in den Wind gesprochen, aber als das Fineljääggi zu sterben kam — ooha! — da ging das nicht so leicht. Es war lange, lange Bettlieger, litt arge Schmerzen, und die Reue kam zu spät.

Nach seinem Tode sah man es unruhig mähen und auf seinem Grundstück so viel stehen lassen, wie es andern bei Lebzeiten Jahr um Jahr weggestohlen hatte. Dann wieder sah man das Jääggi stumm über die March treten und Steine von den Nachbargrundstücken räumen. Niemand wagte es mehr, vor heiterhellem Tag in dieser Gegend zu mähen, aus Angst, es könnte ihm ergehen wie dem geizigen Fineljääggi.

Man sagt, dass es nach vielen Jahren von dem mühseligen Werk befreit worden sei, aber die March oben im Finel, über die es ein Menschenalter lang mit seiner spitzen Sense gierig hinübergegriffen, heisst noch jetzt die Jääggismarch.

Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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