Die Reiter von Gafertschinken

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Im Simmental, nicht allzu weit vom vieh- und weidenreichen Dorfe Erlenbach liegt an der Berghalde, in Dorn und Gestrüpp verborgen, zerfallenes Gemäuer. Es ist das letzte Wahrzeichen, welches davon zeugt, dass hier einst die Burg der Herren von Gafertschinken gestanden hat. Keinen Namen ihres Geschlechts nennt die Geschichte. Dennoch halten diese alten Talherren noch heute das Land in Schrecken. Wenn an den Bergen sich dräuend Gewölk sammelt und unten im Tal an den Hecken die schwarzen Schnecken erscheinen, wenn gegen die Nacht hin das Hauri seine Klagelaute durchs Tal erschallen lässt, dann flüchtet unter das sichere Dach, wer draussen im Freien ist. Selbst das Vieh wird unruhig und rennt wie rasend der sicheren Behausung zu. "Die Tschinggenreiter kommen", heisst es dann. Um Mitternacht sieht man über den Felsen hoch zu Ross einen Ritter im feuerroten Mantel erscheinen. Hastig nimmt er von seiner Hüfte ein gewaltiges Horn und bläst dreimal darein. Darauf erhebt sich ein Mark und Beine durchdringendes Geschrei. Der Sturmwind braust daher und weht selbst die stämmigsten Tannen nieder, Marchsteine fliegen in der Luft herum, in den Felsen kracht und poltert’s so fürchterlich, als tobte die blutigste Schlacht. Jetzt setzt sich ein gespensterhafter Zug in Bewegung, voran der rote Reiter mit glühendroten Augen. Der unheimliche Tross zieht unter dem Geheul der Lüfte zum höchsten Zahn des Gebirges. Beim Rosengarten hält er. Jetzt beginnt ein wahrer Höllenlärm. Die nächtlichen Reiter dringen mit Speer und Spiess auf die Felsen ein, brechen grosse Klötze daraus und werfen sie mit furchtbarer Wucht durch die Rinnen des Gebirgs in das Tal hinab. Wenn während dieses schrecklichen Getöses ein Blitz plötzlich die Gegend erhellt, sieht man im Scheine da und dort die Trabanten der Reiter warten. Erst wenn der Morgen ins Tal zieht, verschwindet der grausige Zug. Im Dämmerlichte kann man noch die letzte der Spukgestalten entfliehen sehen, einen schwarzen Rappen und auf demselben hochflatternd ein Mantel, von welchem nicht zu sagen ist, ob er einen der Ritter umhüllt.

Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. 

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

 

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