Die Zwerge im Haslital

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Das Haslital war vor langen Zeiten der Lieblingsaufenthalt der Zwerge oder Töggeli. Dort kamen sie oftmals in ganzen Scharen von den Flühen herabgezogen. Am häufigsten geschah dies zur Erntezeit, in welcher sie dann, auf einem Stein gelagert, oder nach Art der Vögel auf den Zweigen der Bäume, im Schatten des Laubes sitzend, den Arbeitern im Felde zuschauten. Oft geschah dass wenn ein Schnitter sich im heissen Sonnenschein ein wenig aufs Ohr legte, er beim Wiedererwachen kühlenden Trank und erquickende Speise vorfand. Ausserdem war der grösste Teil seiner Arbeit vollendet. Es kam selbst vor, dass am andern Morgen der ganze Acker gemäht und das Korn in Garben aufgeschichtet zur Heimfahrt bereit war. Ja, zuzeiten kamen diese freundlichen Wesen gar bis in die Häuser um sich auch hier hilfreich und dienstbar zu zeigen. Für ihre Hilfe verlangten sie nichts als ein wenig Milch, die man ihnen auf die Türschwelle des Hauses setzte. Sie waren auch geschickte Ärzte und ihre Tränklein, aus würzigen Alpenkräutern bereitet, waren Menschen und Vieh gleich heilsam. Gegen arme Kinder aber, welche von ihren Eltern zur Winterszeit in den Wald zum Holzsammeln geschickt wurden, zeigten sie sich besonders mitleidig. Bald legten sie ihnen das schönste Reisig auf die Fusswege hin, bald schenkten sie ihnen kleine, wohlschmeckende Käslein, die nie alle wurden. Wenn der Landmann auf dem Felde ackerte und die Arbeit sich weit über die Mittagsglocke hinausdehnte, da schlichen sie sich mitleidig herzu und tischten auf dem Rasen ein leckeres Mahl auf. Endlich halfen sie wohl auch dann und wann an langen Winterabenden den fleissigen Mägden bei der Flachsbereitung. War die Arbeit schäkernd vollbracht und sie wollten heim, so nahmen sie einen Knäuel Hanf zwischen die Beinchen und ritten auf ihm zum Ergötzen der Anwesenden durch das Fenster fröhlich von dannen.

Der Übermut böser Menschen hat aber die freundlichen kleinen Helfer vertrieben. So hatten einstmals boshafte Buben den Baumast, auf welchem sie mittags zu ruhen pflegten, bis auf eine dünne Stelle durchsägt. Als sich die Zwerglein nun zur gewohnten Stunde einstellten und sich arglos auf dem Aste niederliessen, brach er entzwei und die ganze Schar fiel polternd zu Boden.

Erzürnt riefen sie da aus:

O wie ist der Himmel so hoch, die Untreu so gross

Heute hieher und nimmermehr!

Sie hielten Wort, wichen ins Gebirge zurück und suchten im Innern der höchsten Firnen ihre eigentliche Heimat wieder auf. Grosse weite Hallen, auf kristallenen Säulen ruhend, sind dort ihre Wohnungen, deren Glanz kein Menschenauge ertragen kann.

Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. 

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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