Der Tambour

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Ein junger Krieger, ein Tambour, zog siegesfroh von einer Schlacht heim. Sein Weg führte ihn durch den Wald von Willisried. Vor Freude trommelte er. Der Zwingherr auf Schloss Kinkenrain vernahm das Spiel, erspähte den Trommler und vermutete, der Krieger trage goldene Beute auf sich. Als der Jüngling in die Nähe des Schlosses kam, überfiel ihn der Zwingherr, tötete und beraubte ihn. Um Mitternacht verscharrte er den Leichnam des Erschlagenen unter dem Brücklein von Willisried.

Doch, der Mörder sollte keine Ruhe finden. In mondhellen Nächten stieg der junge Tambour aus dem Grabe, ging wie einst den Waldweg hinauf und trommelte und trommelte, dass der Wald davon widerhallte und das Echo den Zwingherrn aus dem Schlummer riss; trommelte und trommelte bis an das Schloss heran und trommelte um das Schloss herum, dass der Zwingherr vor Angst und Grausen fast den Verstand verlor. Viele Jahre lang hat der Tambour mit seinem Getrommel den Mörder gefoltert und ihn langsam zu Tode gequält.

Heute noch, wenn der brausende Föhn das Land von Schnee und Eis befreit hat, die Erde sich schmückt mit frischem Grün und die ersten Blumen spriessen, da hält es der Tambour im engen Grabe nicht mehr aus, und bittend spricht er zum Herrn des Himmels: „Die Welt war so schön, das Leben so köstlich und das Sterben im Lenze so schwer. O lass mich noch einmal leben, leben und den Menschen die frohe Frühlingshoffnung bringen.“ Gott gewährt seine Bitte. In einer Mondnacht, da steigt der Tambour aus dem Grabe und geht trommelnd durch den Wald wie damals, als er vom Siege heimkehrte. Die Vögel und Tiere des Waldes horchen auf, die Menschen erwachen aus Schlaf und Traum und lauschen dem fernen Klang der Trommel. Aber nicht Angst und Zittern, wie einst den Zwingherrn von Kinkenrain, befällt die Menschen, sondern Freude. Sie wissen, der Tambour ist kein Rächer mehr, sondern ein froher Bote, der verkündet, dass des Winters Macht gebrochen und der liebliche Lenz endlich gekommen ist.

 

Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch

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