Die Geldkammer des Königs

Land: Schweiz
Kategorie: Novelle

Es war einmal ein König, der hatte so viel Geld, dass er hat nicht wusste wohin damit. Dieser König ging zu einem Zimmermann und beauftragte ihn, eine Geldkammer mit versteckter Türe zu bauen, von der niemand etwas wusste ausser ihm und dem Zimmermann. Wenn der König Geld brauchte, ging er es dort holen.

Einmal merkte der König, dass jemand in der Kammer gewesen war, denn jemand hatte den Geldhaufen durchwühlt, aber er wusste nicht wer.

Um dies herauszufinden, schickte er seine Tochter in die Kammer und liess bekannt machen, wer eine Nacht mit seiner Tochter schlafe, werde sie samt der Geldkammer bekommen.

Eines Nachts kam der Zimmermann in die Kammer und schlief mit der Tochter. Die zeichnete ihm in der Nacht einen roten Strich auf die Stirne, doch der Zimmermann stand frühmorgens auf, während die Königstochter noch schlief. Er fand den Farbtopf und allen, die ihm begegneten, zeichnete er einen Strich auf die Stirne. Am andern Tag sah der König viele Leute mit einem Farbstrich, so wusste er nicht, wer der Dieb war.

Der König wollte einen zweiten Versuch machen, und er liess dasselbe nochmals verkünden. Eines Nachts wollte der Zimmermann wieder durch die versteckte Tür gehen. Aber als er davor stand, fiel er in eine Grube, die der König hatte graben lassen. Darin war auch ein wenig Stroh, und der Zimmermann zündete dies an, so dass es einen schrecklichen Rauch gab und die, welche angerannt kamen, auch in die Grube fielen. Am andern Morgen, als der König den Dieb ausfindig machen wollte, fand er in der Grube einen Haufen Leute. Er konnte nichts machen und musste sie ziehen lassen.

Dann liess der König wiederum ausrufen, wer in die Geldkammer komme und mit seiner Tochter schlafe, kriege sie und dazu die Kammer samt dem Geld. Eines Nachts ging der Zimmermann mit seinem Bruder in die Kammer, doch der König hatte vor der Türe eine Falle aufgestellt. Der Bruder des Zimmermanns geriet hinein und blieb darin gefangen. Als der Zimmermann sah, dass sein Bruder nicht mehr herauskonnte, haute er ihm den Kopf ab und zog seine Kleider aus. Den Kopf und die Kleider warf er ins Wasser.

Am andern Morgen fand der König die Leiche ohne Kopf und Kleider in der Falle, doch niemand kannte den Toten. Da lud der König die Leiche auf einen Karren und liess sie im Dorf herumführen. Seinen Knechten befahl er, allen den Kopf abzuhauen, die bei ihrem Anblick weinten. In dem Augenblick, als sie mit der Leiche am Haus des Zimmermanns vorbeizogen, bekam er Tränen in den Augen. Um den wahren Grund zu vertuschen, schnitt er sich selber einen Arm ab. Als die Knechte des Königs, welche den Wagen führten, hereinkamen und fragten, weshalb er Tränen in den Augen habe, zeigte der Zimmermann auf seinen abgeschnittenen Arm. Da verstanden sie, weshalb er weinte, und weil sie niemand anders fanden, der auch weinte, konnten sie nichts machen und sie mussten die Leiche wegschmeissen.

 

Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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