Zwei Jünglinge von Eggerberg gingen oft abends zu zwei Mädchen auf Besuch, die "Zum Stadel" wohnten, etwa eine halbe Stunde östlich der Kirche.
Die Mädchen bestimmten jeweilen Tag und Stunde, wann die Jünglinge kommen durften, und verboten es ihnen, sie zu anderer Zeit zu besuchen. Das kam diesen rätselhaft vor. Trotzdem schlichen sie sich unbemerkt an einem verbotenen Abend hin, um die Ursache auszukundschaften. Die Mädchen waren just mit Backen von Brot und Kuchen beschäftigt. Da sagte die jüngere zur älteren: «Wenn sie von diesem essen, so kommen sie noch häufig.» Das hörten die beiden Liebhaber, die sofort merkten, dass man ihnen eine Liebesspeise bereite.
Am anderen Abend stellten sie sich wieder zum Besuche ein. Die Mädchen stellten ihnen Essen und Trinken auf. Die Knaben assen und tranken aber nichts, obschon man sie eifrig ermahnte. Wie sich die Jünglinge entfernten, zwangen ihnen die Mädchen doch etwas Kuchen zum Mitnehmen auf. Zu Hause angekommen, gaben die Burschen den Kuchen zwei Mauleseln zu fressen. Als man diese am andern Abend zur Tränke führte, brannten sie durch und rannten schnurstracks zum Hause der beiden Jungfrauen, wo sie ihre Stimmen ertönen liessen, bis sie mit Gewalt wieder zur Arbeit geführt wurden. So fast alle Abende, bis sich die Esel "ergötzt" hatten. Aber von da an wollte niemand mehr zu den beiden Holden "z Hengert" gehen.
EGGERBERG
Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch