Die Schwüre auf den Bletschen

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Vor vielen, vielen Jahren entstanden zwischen den Gemeinden Törbel und Embd Grenzstreitigkeiten über ein Stück Alpenweide, Bletschen genannt. Sie führten zu drei traurigen Meineiden. Auf beiden Seiten wurde versucht, den Urteilsspruch zu ihren Gunsten zu wenden. So kamen drei Embder und erklärten, sie seien bereit zu schwören, und sie wandten dabei folgende List an. Der erste legte einen Schöpfer (Holzlöffel) unter seinen Hut und schwor, die Hand zum Himmel erhebend: «So wahr als ich einen Schöpfer über mir habe, gehören die Bletschen uns!» Der zweite legte Land seines Gartens in die Schuhe und schwor dann: «Dass die Bletschen uns gehören, ist so wahr, als ich hier auf meinem Lande stehe!» Der dritte tat den Schwur: «Ich will geschlachtet werden wie ein Rind, wenn die Bletschen nicht uns gehören!»

Da von den Törbjern nun keiner zu schwören wagte, ging die betreffende Alpenweide in den Besitz der Embder über. Doch der Meineid rächte sich. Der erste zog sich eine Halskrankheit zu, dass er keine Nahrung, nicht einmal einen Schluck frischer Milch aus dem Milchschöpfer, zu sich nehmen konnte. Der zweite verlor sein Leben bei einem Erdrutsche, der ihn umfing und ins schlammige Grab hineinlegte. Der dritte war ein guter Schuhmacher und befand sich einst in Stalden auf der Stör. Als er abends heimkehren wollte, traf er einige Männer an, die ein Rind schlachten wollten. Weil sie aber des Schlachtens zu wenig kundig waren, trafen sie das Rind nicht gut. Schnell eilte der Schuhmacher ihnen zu Hilfe Wie er nun das Rind festhielt, schlug der Staldner fehl und erschlug statt des Rindes den hilfsbereiten Schuhmacher. So wurde er förmlich geschlachtet wie ein Rind.

In spätern Jahren spukten drei Geister in dieser Alpenweide. Als einst ein gewisser Peter Johann Lorenz von Törbel Neuenhüter war (Hüter der neuen Wasserleitung), ging während der Nacht das Wasser ab. Eiligst machte er sich auf. Als er bis in den sogenannten Tschonggraben gekommen war, fand er die beschädigte Stelle; er kniete auf das Bord nieder und nahm ein Stück Rasen, um die Öffnung zu verstopfen. Wie er sich erhob, standen oberhalb der Neuen drei Männer in altväterischer Tracht, mit kurzen Hosen und zwilchenen Strümpfen. Furchtlos wie er war, fragte Lorenz: «Wer seid ihr? Was tut ihr hier?» Der erste antwortete: «Ich bin verurteilt, sämtliches Wasser aus der Leitung herauszuschöpfen, weil ich einst mit diesem Schöpfer statt Recht nur Unrecht geschöpft habe.» Der zweite erwiderte: «Ich muss hier sein und Erde, Geröll und Felsblöcke in die Wasserleitung werfen, weil die Erde unter meinen Füssen so heftig brennt, dass kein Wasser das Feuer löschen kann, es also zwecklos rinnen würde.» Der dritte sprach: «Ich muss hier sein und büssen. Ich bin derjenige, der falsch geschworen und den man in Stalden erschlagen hat wie ein Rind.» - «Gott sei euch gnädig und barmherzig!» sprach Lorenz und flickte seine Wasserleitung. Als er wieder aufblickte, waren die drei Männer verschwunden.

TÖRBEL

Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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