Das Heer im Schrattenberg

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Das sogeheissene Wetterschiessen nennen sie um Escholzmatt Gurnigeln. Die Leute stellen sich vor, dieses Donnern oder Kanonieren komme vom Gurnigel her, unter welchem Namen sie diesfalls nicht nur den bekannten Berg im Bernbiet verstehen, sondern auch das Schrattengebirge. Wie mal im Herbst ein Hirt seine Herde von der Alp ab dem Schratten trieb, bemerkte er, dass ihm ein Schaf fehle, konnte es aber nicht mehr finden. Sein Erstaunen war nicht gering, als beim Wiederauftrieb ihm das verlorne Schaf so wohlgenährt und froh entgegensprang. Doch wollte es nicht mit der übrigen Herde fressen, man sah, dass ihm diese Weide nicht mehr gut genug sei und es eine bessere kenne. Mein Hirt denkt, er wolle dem Ding schon auf die Spur kommen, verliert das Schaf nicht mehr aus dem Auge, sondern schleicht ihm auf seinen Pfaden nach. Es ging einer Felsenhöhle zu und dann einen langen grossen Gang hindurch in einen unübersehbaren grossen Saal, der ringsum von hellen Kristallen funkelte und wo an prächtigen Bahren die schönsten Streitrosse standen, unzählig viele. Da hatte das Schaf es lang gut genug. Beim Herumgehen kam er an ein hohes stolzes Tor, das bei leichtem Berühren aufsprang und dem überraschten Auge einen zaubervollen Anblick öffnete. Ein anderer Saal, voll Gold und Edelsteinen schimmernd und blitzend weitete seine lichten Räume tief dahin und an herrlichen Tischen sassen und schliefen gar viele schön und wohl gerüstete Kriegsmänner. Zu hinterst, dem Tore gegenüber, ruhte an eigenem Tische der Heerführer. Dieser hob jetzt sein Haupt auf und fragte ernst und würdevoll einen andern Offizier an der Seite: „Wie spät ist es?" - „Ein Tausend achthundert dreissig!" gab dieser zur Antwort. „So müssen wir noch 45 Jahre warten", versetzte der erste und schlief wieder fort. Der Hirt dachte nun auf den Rückzug. Wohl kam ihm der Gedanke, die Unterirdischen könnten von den unermesslichen Schätzen an Gold und Diamanten einige Hände voll leicht entbehren. Aber er beschloss, doch zuerst seinen Seelsorger zu beraten. Den Eingang merkte er sich gut und liess auch das Schaf einstweilen zurück. Hernach kam er wieder dahin, um jetzt so viel möglich von den herrlichen Dingen sich anzueignen. Zu spät, das Loch war nimmer zu finden und das Schaf kam nimmer zum Vorschein.

 

Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.

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