Das Bibern-Mummeli

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

a) Ein verkommenes Entlebucher „Meitschi" lebte eine Zeit lang in seinem Leichtsinne dahin. Mit einem Male aber wurde es leutescheu, düster und schritt sichtbarem Tode entgegen. Die Unglückliche, sie hatte ihrem Kind in der Bibern, die vom Heiligkreuz ob Entlebuch herabeilt und bei Hasle in die Emme fliesst, den Tod gegeben. Nun wandelt sie bachauf und -ab bis zum jüngsten Tage. Schon viele haben sie jammern gehört. Im alten „Chreiehus" hat das Mummeli lang auf dem Ofen seinen Platz gehabt, ist da „grupet" und duldete niemanden neben sich. Den Leuten im Hause nahm's die Speise vom Tische und zerschlug die „Bekle und Kachele" alle. Endlich wurde es auf den Estrich verbannt. Beim „Wandten" an der Bibern schreit's manchmal wie eine Katze. Der „Himmelseppel" hat 's selber jammern gehört und als seine Kameraden in der „Höll", einem Hause, noch spät in der Nacht tranken und wegen des Mummelis Spass machen wollten, hat er sie ernstlich vermahnt.

 

b) Von dieser Sage gibt es eine schöne Variante:

Einer armen Frau zu Hasle brachten sie ihren Mann vom Wildhauen als zerschlagenen Leichnam nach Hause. Vor Entsetzen fiel sie in die Wehen und bekam ein Kind um zwölf Uhr in der Nacht. Jammer und Schmerz hatten sie halbwahnsinnig gemacht. Sie lief mit dem Kinde zum toten Manne und sprach: „Da, sorg jetzt für den Balg!" Damit hatte der böse Geist Gewalt über sie erlangt und er sprach aus der Leiche: „Wirf ihn ins Wasser; hat Gott dir deinen Mann sterben lassen, so magst du auch das Kind töten." Und sie tat es und warf 's in die am Hause vorbei rauschende Bibern. Bloss geschehen, und verzweiflungsvolle Reu' hat sie ergriffen. Siehst, wie sie atemlos dem Bachbord entlang hinunter rennt und dem Kindlein unverwandt ins bleiche der Mutter zugewendete Antlitz schaut! Sie will retten und vermag es nicht. So ging 's hinab bis zur Emme, wo die Mühle steht. Das Kind treibt dem Rade zu - eile, eile! Weh, schon hat das Rad es ergriffen; langsam - langsam, dass die Mörderin das bleiche Gesicht und jeglich Gliedlein unterscheiden konnte, wird der Leib gehoben und verschwand dann jenseits der Kämme wie ein grosser, weisser Schneeflocken. Jammervolles Geheul, das die Frau nun auszustossen beginnt. Es treibt sie seltsam und unwiderstehlich hinauf zu jenem Stein im Bach, wo sie das Kind hineingeworfen hat. Da stürzt sie sich nun selbst hinein, schwimmt hinab bis zum Mühlenrad, das sie packt und in reissendem Wirbel zermalmt. Aber der armen Seele ward bis heute keine Ruh. Dort auf dem Steine sitzt sie allnächtlich und büsst ihre Blutschuld. Wenn das Wetter ändern will, muss sie unter Geheul und Wehklagen bachab schwimmen dem Mühlenrade zu.

 

Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.

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