Der Venediger im Sörenberg

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Alljährlich erschien im Sörenberg an den Quellen der kleinen Emme, die das Entlebuch durchströmt und bekanntlich Goldsand führt, — ein Venediger. Die waren ja überall,

wo es Gold zu gewinnen gab. Ganze Fuder voll Goldsternen, die nur der Kundige zu erkennen vermochte, soll er allemal mit sich heimgenommen haben. Beim Suchen half ihm meistens ein Sörenbergerknab, der ihm sehr treu und ergeben war. Abends schliefen beide gewöhnlich etwa auf einem Heustocke. Einst wollte der Venediger seinen guten Gehülfen mit sich heimnehmen, allein dieser wollte nicht, indem er versprach, einmal allein und zwar mit einer Ladung selbstgesuchter Goldsteine dahin zu reisen. Der „Venediger" zweifelte zwar, ob ihm das gelingen werde, nahm aber den Vorschlag an und verreiste nach Venedig. Der Hirtenknabe hatte im Umgang mit dem Fremden auf alles wohl geachtet und war wirklich im Stande echte Goldsteine von den unechten zu unterscheiden, aber das Ausscheiden des edlen Metalles war ihm Geheimnis. Mit einer schönen Ladung machte er sich eines Tages auf den Weg, gelangte bis Venedig und dort ins Quartier der Goldmacher. Da wäre er als unberufener Zeuge unfehlbar ums Leben gekommen, hätte nicht sein sehr überraschter Freund sich seiner angenommen und ihn in sein Haus geführt, freilich mit dem Bedeuten, es sei ihm ratsam bald wieder fortzukommen. Doch nahm er ihn sehr freundlich auf, bewirtete ihn vornehm und beschenkte ihn zu einem reichen Manne. Unter andern merkwürdigen Sachen zeigte er ihm ein Glas, das man Bergspiegel nannte. Als er hineinguckte, sah er, was im gleichen Momente daheim im Sörenberg die Leute schafften. Als es Zeit war wieder zu gehen, führte der Venediger seinen Gast zu einem prachtvollen Bette. Er durfte sich aber nicht auskleiden, musste seine Reisetasche, in welcher die Geschenke verpackt waren, sich anhängen und den Reisestock im Arm behalten. So entschlief er, um — im Sörenberg auf einem Heustocke zu erwachen, nicht zu Venedig im Palast seines Freundes, der ihn wunderbar durch seine Kunst diese Nacht in die Heimat gezaubert hatte.

 

Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.

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