Das Gold im Mürtschen

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Einst kam auf seinen Wanderungen von Italien her ein Fahrender Schüler, oder, wie man sie auch nannte, ein «Venediger», auf den Kerenzerberg. Der unterhielt die Bauern an hellen Abenden mit allerlei Liedern und Spässen und mit seinen kleinen Zauberkünsten. Als er so ihr Vertrauen hatte und sie nichts Böses von ihm dachten, begann er, auch in die Alpen am Mürtschenstock zu steigen um allerhand Heilkräuter zu suchen. Niemandem fiel es auf, dass er eine kleine Schaufel oder einen Pickel mitnahm, denn Enzianwurzeln oder Alraunenmännchen wachsen in der Erde und nicht über dem Boden. Niemand auch sah sich sein Felleisen genauer an, wenn er abends vom Berg kam und einen Strauss Kamillen oder Silbermänteli mitbrachte.

Eines Abends aber liess er aus Versehen das Felleisen an der Ofenbank liegen, ehe er schlafen ging. Die junge Magd, nicht faul, nestelte neugierig daran herum und hatte bald heraus, dass in der Tiefe der Tasche nicht Enzianwurzeln, noch Alräunchen lagen, sondern schwere Steinbrocken. Die glitzerten wie lötiges Gold im Kerzenschein. Rasch rief die Magd dem Wirt; der verwunderte sich nicht weniger über die heimlichen Funde des Venedigers, und obgleich sie sich in die Hand versprachen, noch kein Wort verlauten zu lassen, so wusste nach kurzem das ganze Dorf, dass der fremde am Mürtschenstock Gold grabe und damit ein reicher Mann werden möchte. Nun lachte niemand mehr, wenn er abends seine Karten zaubern liess und auf der Laute spielte. Bald merkte er, dass ihm die Bauern keineswegs mehr hold waren; sie gingen ihm aus dem Weg und folgten ihm heimlich, wenn er zu Berg stieg. Das aber war ihm zuwider, und eines Nachts war er für immer verschwunden. Die Bauern aber fingen nun an, in den Höhlen und Gängen des Mürtschen zu graben und zu schürfen, und wenn sich’s auch herausstellte, dass sie kein lötiges Gold, sondern rotes Kupfer gruben, so tat das ihnen wenig, denn sie verkauften es weitherum an Glockengiesser und Münzenschmiede und verdienten so ein schönes Geld. Als sie aber keines mehr fanden, liessen sie das Knappenhaus samt den Höhlen und Schächten verfallen, das Hämmern und Pochen verstummte, und sie wurden wieder Bauern, wie sie zuvor gewesen waren und heute noch sind.

 

Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch

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