Die Sage vom Martinsloch

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Vor vielen hundert Jahren hütete ein Flimser mit seinem gar schönen und edlen Töchterlein Marei die Schafe auf dem Segnes.

Im Winter ging der Vater auf die Bärenjagd, und Marei trug manchen warmen Pelz hinüber nach Elm und weiter auf den Markt zu Glarus. Auf einer solchen Wanderung lernte das Mädchen auch einen jungen Burschen aus Elm kennen, der ebenfalls dem Waidwerk oblag und als gefürchteter und kühner Jäger galt.

Mareis Vater aber hatte als Gatte für seine Tochter einen reichen Oberländer auserkoren. Als dann einmal der Glarner auf den Segnes kam, da verbot ihm der Vater kurzerhand das Betreten der Hütte. Dieses Vorgehen versetzte die beiden Liebenden in tiefe Trauer, und sie sannen, jedes für sich, nach einem Ausweg, sich dennoch sehen und sprechen zu können. Nun hatte der selbe Herbst Schnee in schweren Massen auf die Berge geworfen, so dass Marei auf lange Wochen an die Hütte gebannt war, in der ihr Vater sie tagtäglich mit harten Worten schalt.

Auf den Martinitag zog der Hirt ins Tal, um seinen Hirtenlohn zu heischen. Marei, von grosser Sehnsucht nach dem Geliebten jenseits der hohen Berge geplagt, schritt am frühen Morgen schon über den harten Schnee den Tschingelhörnern zu. Da sie jedoch keinen bestimmten Weg eingeschlagen, kam sie plötzlich an einen Felsen, durch den die Sonne ihre Strahlen sandte. In diesem Glanz der Sonne sah das Mädchen ein gar liebliches Dorf, das es alsogleich als Elm erkannte. Die wackere Hirtin kroch durch Steingeröll und tiefen Schnee zum hell erleuchteten Felsenschlund, kam nach Stunden ennet dem Berg herfür und fand im Hause des Geliebten ein herzliches Willkomm.

Am Tage Mariä Lichtmess nahm das junge Ehepaar den gefährlichen Weg unter die Füsse nach dem Martinsloch, wie man es heute nennt, um drüben des Vaters Segen einzuholen. Allein der alte Mann hatte den schweren Groll noch nicht abgelegt und wies die beiden mit grobem Schimpfen ab. Sie wandten sich betrübt dem Rheine zu, und man soll nie mehr etwas von ihnen gehört haben.

Als dann der Lenz ins Land geschritten kam und die Lauenen brüllten, wurde der Zugang zum Martinsloch auf beiden Seiten zerstört. Aber am Sankt Martinstage und wiederum achtzig Tage später, zu Lichtmess, scheint die Sonne nach wie vor hindurch und grüsst den Kirchturm von Elm.

 

Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch

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