Die Totentrommel

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Die Totentrommel wollen viele gehört haben, selbst solche, die noch jetzt leben. Sie soll einer gewöhnlichen Trommel nicht gar unähnlich sein; nur sollen ihre Töne viel dumpfer und melancholischer, die gespielten Märsche aber sehr altmodisch lauten. Merkwürdig ist dabei, dass die Trommelschläge viel deutlicher gehört werden, wenn man nur obenhin und gleichgültig zuhorcht. Ein Mann von fünfzig Jahren, der vor zwei Jahren gestorben, hörte die Totentrommel so oft in den Gebirgen schlagen, dass er mit Leichtigkeit die Melodien derselben nachzupfeifen imstande war. — Man glaubt, die Züge und Prozessionen der Abgestorbenen wandern unter solchem Trommelspiele herum; darum bleibt auch die Totentrommel nie am gleichen Orte still, sondern zieht hörbar immer weiter und weiter. - Von solchen Totenzügen wird überall viel erzählt, wie z. B. die Verstorbenen gewisse Wege und Strassen einhalten, die mit Holz oder Steinen nicht verlegt (abgeschlossen) werden dürfen; wie sie in Hütten und Ställen, die zu nahe ihren Zug berühren, Menschen und Vieh belästigen, etc. etc. Ich will das Gehörte und Erzählte hier nicht wiederholen, sondern nur einen Zug noch anführen, den ein unbescholtener Jüngling einst soll beobachtet haben. — Dieser wohnte allein und von allen Menschen abgeschieden in seinem Berghause. Die langen Winterabende brachte er gewöhnlich ohne Licht zu mit Rosenkranzbeten hinter dem warmen Stubenofen. In einer schauerlichen Winternacht, als eben die Winde den frischgefallenen Schnee heftig herumtrieben und er sich ganz allein im Dörflein wusste, hörte er auf einmal viele Menschentritte vor seinen Fenstern vorüberziehen. In aller Eile schlüpft er hinter dem Ofen hervor und gewahrt mit Staunen eine grosse Menschenschaar vorübereilen; er erkannte zwar niemanden, doch fiel ihm auf, dass der letzte einen ausgezogenen Strumpf auf der Achsel trug. Mit Entsetzen gewahrte er nun, dass er selbst so einen Strumpf auf der Achsel trage; er hatte denselben beim Hervorkommen hinter dem Ofen von der Wand gerissen und sich selbst unbemerkt so aufgeladen. — Der Seher starb noch im gleichen Jahre.

(erzählt von Herrn Kaplan Mooser in Zermatt)

 

Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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