Das nächtliche Kegelspiel in der Kirche

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Eine ähnliche wie diese Sage findet man in H. Colshorns Märchenbuche.

Vor weiss Gott wie vielen Jahren ging ein Sigrist bei einer grossen Kirche im Oberwallis um Mitternacht über den Kirchhof; da hörte er in der Kirche ein Poltern, als wenn gekegelt würde, und sah eine schwache Beleuchtung. Er machte dem Pfarrer die Anzeige davon. Dieser aber lachte ihn aus. In der folgenden Nacht hörte der Sigrist dasselbe und zeigte es wieder dem Pfarrer an. Dieser wurde jetzt bedenklich, ging mit ihm zur Kirchenporte und schaute durch das Schlüsselloch. Da sah er mehrere schwarzgekleidete Männer, die mit zwei Kugeln in ein im Kreuzgang gestelltes Kegelspiel warfen. Da schlug es ein Uhr — und im Hui — war alles verschwunden. In der folgenden Nacht gingen sie vor zwölf Uhr auf die Wacht. Da sahen sie auf den Schlag zwölf Uhr wie die Chorporte aufging und herein trugen diese schwarzen Männer einen Sarg, nahmen aus demselben zwei Totenschädel und Totengebeine, welche sie als Kegel da wo gestern aufstellten. Diese Totengebeine und Schädel fingen alle zu glühen an, bei welchem Lichte wieder bis ein Uhr das Kegelspiel fortgesetzt wurde, wo dann wieder alles verschwand Jetzt entschloss sich der Pfarrer mit Exorzismen diesem Unwesen in der Kirche abzuhelfen. Beherzt und mit allem Heiligen und drei geweihten Kerzen ausgerüstet, ging er beizeiten mit dem Sigrist in der nächsten Nacht in die Kirche, zog einen Ring dort wo die Kegel gestellt wurden, stellte die angezündeten Kerzen auf diesen Ring und sich mit dem Sigrist in die Mitte desselben. Als es zwölf Uhr schlug und die Geister wie gestern erschienen, fing er seine Beschwörung an: «Ich beschwöre euch im Namen Gottes, wer seid und was treibet ihr in diesem Gotteshaus?» — Die schwarzen Männer antworteten: «Wir sind Richter und müssen hier spielen, weil wir mit dem Leben der Menschen ein ungerechtes Spiel getrieben haben. Diesen Sarg müssen wir vom Richtplatze in den Tempertagen hierherholen und in diesem sind die Totengebeine zweier unschuldig zum Tode verdammter Personen, die wir als Hexen haben verbrennen lassen und auf ungeweihtem Erdreiche von Henkershand sind beerdiget worden; — darum glühen sie so fürchterlich — und wir müssen so viel, so viel von ihnen leiden, wenn wir mit selben Kegeln zu schieben gezwungen werden.» «Kann euch aber geholfen werden?» fragte der Exorcist. «Ja» antworteten sie, «wenn ihr die Bedingungen erfüllen wollt, ohne deren Erfüllung wir keine Erlösung hoffen dürfen.» «Und welche sind die?» «Zuerst», erwiderten die Geister, «muss die Unschuld dieser Personen öffentlich in der Kirche bekannt gemacht werden; dann die Gebeine aus dem Gerichtsplatze ausgegraben und auf geweihter Erde nach christlichem Gebrauche beerdigt; und endlich den Befreundeten das ungerecht entrissene Gut wieder zurückerstattet werden.» — Da erhoben die Richter alle ihre bittenden Hände mit weinender Stimme gegen ihn; «wollt ihr das tun?» — «Ja! Gott sei mein Zeuge, ich will es tun», erwiderte der Pfarrer. Da schlug es ein Uhr — und Richter, Kegelspiel und Sarg — alles war verschwunden — und kehrten nicht mehr zurück; denn der Herr Pfarrer suchte auf das schnellste und gewissenhafteste die versprochenen Bedingnisse zu erfüllen.

 

Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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