Der betrogene Fuchs

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Die Schlauheit des Fuchses ist sprichwörtlich. Dass der Fuchs wirklich verschmitzt und tückisch sei, hat schon mancher Jäger erfahren. Bei Tag wird er nur geschossen, wenn er unerwartet überfallen wird. Lässt sich der Jäger daran, in frischem Schnee seine Spuren zu verfolgen, so treibt der Fuchs seine lustigen Streiche. Er eilt gemessen voran, um gerade ausser Schussweite zu sein. Hat er zu viel Vorsprung, so hockt er gemächlich ab, stützt sich auf die Vorderfüsse und schaut spöttisch zum langsamen Jäger zurück, ob dieser nicht bald folge. So geht's lange hin und her und auf und ab und am Ende wird's nicht fehlen, der Jäger ist auf die gleiche Stelle zurückgeführt, die er am Anfange verlassen, um den Rundgang noch einmal anzufangen, wenn er Lust hat.

Mancherorts ist's aber Mode, den Füchsen bei Nacht aufzulauern. Man lockt sie mit dargebotener Speise (Fuchsbeize) auf schickliche Stellen heran, um aus verborgenen Zuglöchern heraus auf sie zu schiessen. Auch richtet man ihnen Fallen, bei denen aber kein Eisen sein darf. Eben bei der Nacht ist es aber, wo der Fuchs seine grosse Verschmitztheit beurkundet; er scheint ohnehin zu Nachtbubenstücken geschaffen und abgerichtet. Sehr schlau weiss er jede Gefahr zu wittern. Zu seinen Nachtwanderungen benützt er gerne viele Wege und Stege der Menschen; begegnet ihm ein Unbewaffneter — er weiss es zuverlässig — so lenkt er kaum mehr ab, als etwa ein grobbeschuhter Stallknecht einer vornehmen Dame, die mit mächtiger Krinoline die Gassen wischt, auf dem Trottoir auszuweichen pflegt. Das gebotene Futter (Fleischabfälle) schnappt er regelmässig weg — (man hat s gerne, wenn sich der Fuchs daran gewöhnt) — so oft der Jäger nicht auf der Warte ist; passt er aber am Gugloch so kommt er nicht. — Man täuscht den Fuchs damit, dass sich der Jäger auf einem Schlitten zur Warte hinführen lässt; wenn er nämlich merkt, dass alle Personen, die zugegangen, auch wieder fortgegangen, so glaubt er sich sicher.

Bei solcher Nachtjagd unterliegt der gute Jäger — das kann man sich leicht vorstellen — manchen Täuschungen, die seinem Glauben an Hexen und Zaubereien neue Nahrung geben — So wird z. B. erzählt, einem Mann, der dem Fuchs in der Nacht auflauerte, erschien dieser regelmässig, machte aber demselben so sonderbare Spiele und Gaukeleien, dass er nie zum Schuss kommen konnte. Darüber ungeduldig, begann er Hexerei zu vermuten; er liess darum sein Pulver bei den Jesuiten in Brig segnen und war entschlossen, fürderhin ohne weiteres los zu feuern. Er tat's; der neckische Fuchs verschwand auch gleich aus seinen Augen. Als der Tag angebrochen, zeigten Blutspuren, dass sein Schuss getroffen habe. Er verfolgte diese Spuren, die ihn durch die gewöhnlichen Strassen berghinab zu Tal, über die Rhone hinüber und wieder bergauf zu einem Hause führten, wo ein der Hexerei verdächtiges Weib wohnte. Vor dem Hause traf er zufällig ein Kind an, welches auf die Frage, ob die Mutter zu Hause sei, antwortete, sie sei soeben krank nach Hause gekommen; sie habe an der Seite Stiche bekommen und blute stark an einem Fusse. — Erstaunt und doch zufrieden, den neckenden Fuchs einmal betrogen und erwischt zu haben, kehrt unser Jäger nach Hause zurück. — Er starb 1811.

 

Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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