Der Hitenbub von Albligen

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Während der leidenschaftlichen Kämpfe der Glaubensspaltung im 16. Jahrhundert blieb das Freiburgerländchen inmitten der reformierten Kantone dem alten Glauben treu. Wie eine Insel im Ozean lag Freiburg ganz abgeschlossen von den anderen katholischen Landschaften zwischen Bern und Waadt. Bisher hatten die Neuerer hier noch wenig ausgerichtet. Aber in den Grenzdörfern zeigten sich schon gefährlich Anzeichen des Abfalls.

Im nahen Albligen beschloss man nach dem Vorbilde Berns, eine freie Abstimmung für oder gegen Annahme des «reinen Evangeliums» vorzunehmen. Alle stimmberechtigten Männer wurden aufgefordert, unverzüglich zur Stimmabgabe zu erscheinen. So kamen sie denn alle, die Anhänger der neuen Lehre, wie die treugebliebenen Katholiken. Jeder gab nach reiflicher Überlegung seine Stimme ab. Das Ergebnis blieb unentschieden. Sowohl die Katholiken wie die Anhänger Zwinglis hatten die gleiche Anzahl Stimmen erhalten. Da war guter Rat teuer. Die Reformierten suchten durch Drohungen oder lockende Versprechen die Treugebliebenen in ihr Lager herüber zu ziehen. Doch alles umsonst! Die Katholiken blieben standhaft. Da man zu keiner Entscheidung kam, wurde geprüft, ob nicht einer der Geladenen fehle. Es zeigte sich nun, dass der Geisshirte des Dorfes nicht erschienen war. Alsogleich wurde er herbeigeholt. Eine Stimme war nun ausschlaggebend für beide Parteien. Der Geisshirt, ein leichtsinniger Bursche, besann sich nicht lange. Die glänzenden Anerbieten der Neuerer verblendeten ihn. Er schlug alle Gewissensbedenken in den Wind und gab seine Stimme den Reformierten, die also den Sieg errungen hatten. So wurde Albligen protestantisch. Der Abtrünnige konnte sich aber nicht lange seines Lohnes freuen. In einer finsteren Nacht irrte er vom Weg ab und stürzte in die tiefe Senseschlucht hinunter, wo sein schrecklich verstümmelter Leichnam nach einigen Tagen gefunden wurde. Im Grabe fand der Tote keine Ruhe. In den rauen Sturmnächten muss der abgefallene Geisshirt umgehen. Vom Sensetal her hört man sein Schreien und Heulen.

 

Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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