Die Schatzhüterin von Fracstein

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Unweit vom Felsenbach, wo von der Prätigauer Landstrasse ein Strässchen nach Malans abzweigt, wanderte einst auf Letzterem an einem dunkeln Abende ein Bürger von Malans seinem heimatlichen Dorfe zu. Plötzlich stand eine wunderschöne, weiss gekleidete Jungfrau vor ihm und sagte zur grossen Beruhigung des erschrockenen Mannes zu ihm, dass er sich vor ihr nicht zu fürchten habe; ihr Vater habe bei seinen Lebzeiten oft ungerechter Weise grosse Reichtümer sich erworben und dieselben im nahen Schlosse Fracstein vergraben; sie aber, die unschuldige Tochter, müsse, als Sühne für des Vaters Verbrechen, den Schatz hüten, bis sie erlöst und der Schatz gehoben werde. Wenn er sie erlösen wolle, so solle er heute um Mitternacht wieder auf dieser Stelle sein; statt ihrer werde aber eine gräuliche Schlange herkommen, die ihm Gefahr und Verderben drohe, mit einem Ring-Schlüssel am Halse. Gelinge es ihm, ihr diesen Schlüsselring abzuziehen, so sei sie erlöst und er Besitzer aller Schätze, die sie bisher gehütet habe, wo nicht, so könne sie erst in hundert Jahren wieder erlöst werden, er aber sei dann auch verloren. Von der Begierde nach Reichtum, sowie von der anmutigen Erscheinung gefesselt und getrieben, versprach er, sich zu stellen und die Aufgabe zu lösen.

Gegen Mitternacht stand er richtig an der bezeichneten Stelle und war­tete der Dinge, die da kommen sollten. Mit dem letzten Glockenschlage der zwölften Stunde vernahm er ein Krachen und Poltern in den nahen Felsen und bald bewegte sich ein scheussliches, schnaubendes Ungetüm gegen ihn, einen Schlüsselbund am Halse tragend. Er bot allen seinen Mut auf, um sein Versprechen zu lösen, und hatte schon drei Mal den Schlüs­selbund mit den Händen erfasst, aber ebenso oft liess er ihn auch wieder los. Mit dumpfem Wutgebrüll stürzte sich jetzt das Ungetüm gegen den Bach hinunter, und bald war wieder Alles stille und ruhig. Totenbleich wankte der Mann in sein Dorf zurück, erzählte dort das Vorgefallene und war schon am dritten Tage darauf eine Leiche.

Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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