Zeichen des Hingerichteten aus dem Jenseits

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

a) Ein vornehmer Rompilger aus deutschen Landen übernachtete in einem Gasthause zu Amsteg. Sein Zimmergenosse merkte, dass er viel Geld bei sich trage und überfiel ihn, um ihn zu berauben. Unglücklicherweise hatte der Ahnungslose an jenem Tage auf der Strasse einen »Trullihegel« (Taschenmesser) aufgelesen und zu sich gesteckt, und mit diesem verteidigte er sein Eigentum und – es ist fast nicht zu glauben! – tötete dabei den elenden Gauner. Er wurde des Mordes angeklagt und trotz seiner Unschuldbeteuerung zum Tode durch Henkershand verurteilt. Während seiner Untersuchungshaft auf der Ankenwage zu Altdorf gewann er die Liebe und das Zutrauen des Landweibels, und dieser liess ihn im Hause frei herumlaufen. Oft hörten ihn die Mutter meiner 90jährigen Erzählerin und viele andere Leute in seiner Zelle ein wunderschönes Lied singen. Als sie ihn auf den Richtplatz führten, weinte der Weibel bitterlich und bat ihn, ihm ein Zeichen zu geben, wenn er in der Ewigkeit gut angekommen sei. Einige Tage nach der Hinrichtung, als der Weibel am Fenster stand und weinend an den unschuldig hingerichteten Pilger dachte, da lag auf einmal das Käppchen, das dieser gewöhnlich auf dem Kopfe getragen hatte, auf dem Fenstersims. Jetzt war der Weibel getröstet; er wusste nun, dass sein Freund gut gestorben war.

b) Nach anderer Erzählart war der Hingerichtete ein Oesterreicher, der sich Bartholomäus Tassel nannte, in Amsteg bei einem Bauern diente und sich gegen einen eifersüchtigen Nebenbuhler mit einem Trullihegel wehrte. Er wollte seine vornehmen Eltern nicht nennen. Auf dem Wege zur Richtstätte habe er zu einem Fenster hinaufgezeigt und zum begleitenden Priester, Pfarrhelfer Melchior Baumann (1816 – 1837), gesagt: »Sehet da meine Eltern!« Hätte er seine Eltern der Obrigkeit genannt, so wäre er nicht hingerichtet worden.

Kath. Kempf, 90 J.a.; Heinrich Baumann, 70 J. alt.

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

Diese Website nutzt Cookies und andere Technologien, um unser Angebot für Sie laufend zu verbessern und unsere Inhalte auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Sie können jederzeit einstellen, welche Cookies Sie zulassen wollen. Durch das Schliessen dieser Anzeige werden Cookies aktiviert. Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Cookie Einstellungen

Diese Cookies benötigen wir zwingend, damit die Seite korrekt funktioniert.

Diese Cookies  erhöhen das Nutzererlebnis. Beispielsweise indem getätige Spracheinstellungen gespeichert werden. Wenn Sie diese Cookies nicht zulassen, funktionieren einige dieser Dienste möglicherweise nicht einwandfrei.

Diese Webseite bietet möglicherweise Inhalte oder Funktionalitäten an, die von Drittanbietern eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Drittanbieter können eigene Cookies setzen, z.B. um die Nutzeraktivität zu verfolgen oder ihre Angebote zu personalisieren und zu optimieren.
Das können unter Anderem folgende Cookies sein:
_ga (Google Analytics)
_ga_JW67SKFLRG (Google Analytics)
NID (Google Maps)