Im vierzehnten Jahrhundert war im Bernerlande ein grosser "Sterbet". Damals, erzählte man, ging ein sonderbar "Mannli" und seine Frau mit einer Sense und einem Besen durch das Diemtigental hinein. Auf die Frage, wohin und was sie wollten, antworteten sie: "Sie wollen hinten anfangen und herauswischen." Auf dieses fing plötzlich das Sterben an. Die Menschen niesten und sanken hin. Man wusste in dieser Not nichts, als so oft jemand nieste zu sagen: "Helf dir Gott!" Daher kommt die noch jetzt vielorts übliche Sitte dieses Spruches. Die Seuche war so gross, dass eine Kuh in einer Nacht an den neunten Erben fiel; ein Mann führte die Leichen von hinten bis in die Mitte und ein anderer dann bis auf den Kirchhof. Auf dem Wege nach der Kirche steht der grosse ebene "Brotstein", wo die Männer Brot und Wein zu sich nahmen. In den inneren "Bäuerten" des Diemtigentales blieb eine einzige Weibsperson übrig zu welcher später ein Bettler kam und von diesen zweien wurde die Gegend wieder bevölkert.
Damals löste ein Leichenzug den andern ab. Von den hintersten Weilern Schwenden und Zwischenfluh führte man die Leichen bis zur sogenannten breiten Platte, wo für die Fuhrleute ein Imbiss bereitstand. Hier wurden die Leichen dann von anderen Fuhrleuten in Empfang genommen und bis zu einem zweiten grossen Steine in der Nähe des Dorfes Diemtigen geführt, wo wieder andere Leute die Leichen entgegennahmen. Dann aber läutete die Totenglocke von Diemtigen zum letzten Gange und darum ward dieser zweite Stein im Volksmunde der "Zeitglockenstein" geheissen.
Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.