Die Erdmännchen von der Furrenfluh
Die Erdmännchen sind nicht alle einer Art. Es gibt auch böse, welche mehr Unheil als Gutes stiften. Solche wohnten ehedem in der Furrenfluh bei Guttannen an der Grimselstrasse. Sie stahlen Kinder, stellten schönen Mädchen nach und schlossen sie in ihre Höhlen ein, dass sie nimmer zu den Ihrigen zurückkonnten. Einmal bekam dies aber einem Erdmännchen schlecht. Auf der Verfolgung eines Mädchens aus Guttannen begriffen, wurde dasselbe von dem herbeieilenden Liebhaber derb gezüchtigt, und als es jammernd um Schonung schrie, mit dem dort einheimischen Sprichworte: "Selbhan, Selbhan", spöttisch abgefertigt. Von jener Zeit an blieb diesem Erdmännchen der Spottname "Prinz Selbhan". Vermutlich waren aber die Erdmännchen in jener Gegend von Anfang an nicht so bös, sie müssen es erst später geworden sein; denn heute noch erzählt man, dass sie wie anderswo, früher auch dort die Ernährung von Kühen übernahmen, welche sie im Frühling wohl genährt und mit Kränzen geschmückt unter Absingung von gereimten Versen den Eigentümern zurückbrachten. Ein solcher Reim ist dort heutigen Tages noch jedem Kinde bekannt. Er heisst:
"Guter Hans von Weissenfluh,
Nimm da wieder deine Kuh Und ihr fettes Kalb dazu!"
C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch