Der Bettler in der Glarner Alp

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

In einer Glarner Alp diente ein Urner als Senn (het da g'sännet); ich glaube, es war ein Schächentaler. Nun kam dort öfters ein Bettler, und der Meister gab ihm jedesmal, was er verlangte, und zwar sofort, ohne das geringste Zögern und belehrte auch den Senn: »Falls ich einmal abwesend sein sollte, wenn dieser Bettler kommt, so willfahre seiner Bitte augenblicklich, ohne jeden Verzug, und reiche ihm, was er wünscht, was es immer sein mag!«

Es ereignete sich wirklich einmal, dass der Meister nicht daheim war, als der Bettler erschien und etwas heischte. Der Senn sass gerade unter einer Kuh und molk. »Sofort!« rief er, »nur noch diese Kuh will ich fertigmelken.« Und so war es; sobald er das Tier gemolken, legte er den Melkstuhl zur Seite, schüttete die Milch ins Chessi und gab dem Bettler das Verlangte. Dieser nahm auch die Gabe in Empfang, blieb aber gegen seine Gewohnheit in der Hütte zurück und setzte sich an das Feuerloch. »Was hed-er ächt, der alt Chütz! das er hitt nitt fort will?« dachte der Urner bei sich, und molk weiter und machte sich ans Käsen; als er zu dicken gelegt, wollte die Milch gar nicht dicken, und es kam ihm nach und nach in den Sinn, dass der Bettler daran schuld sein könnte. Da ging er vom Chessi weg in den Dachboden hinauf, wo er sein G'liger hatte, und kam dann mit einem Skapulier in der Hand wieder in die Sennhütte zurück. Das Skapulier hängte er am Turner auf. Wie ein Büchsenschuss fuhr jetzt der unverschämte Bettler zur Hüttentüre hinaus. Die Milch im Chessi begann zu dicken, und es gab einen rechten, guten Käse. Der Bettler erschien seitdem nie mehr in der Alp, und die reformierten Knechte, die das Verfahren des Urners mitangesehen hatten, aber die Bedeutung des katholischen Skapuliers nicht kannten, sagten zu einander: »Diäsälbä zwei Blätzli hennd etz der ewig, meineidig Schwychögä doch nu usä'tah!«

Franz Arnold, Bürglen, u.a.

Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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