Entdeckung der Heilquellen in Baden

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Freilich, wenn man euch Kalendermachern und Zeitungsschreibern glauben müsste - so liess sich ein gesprächiger Mann an der Limmat eine Wegstrecke weit vernehmen – da wäre mein Land hier freilich alles römisch. Brugg, Windisch und Königsfelden wären mit allen Besetzsteinen über die Alpen herüber transportirt und das Stächen Baden ohnedies bis zum letzten Dachziegel. Aber wer hat denn unsere Badquellen entdeckt und ihre Heilkraft zuerst gewusst? Die Römer einmal gewiss nicht, sondern unser Schweinehirte.

Da wo jetzt in Baden Gasthöfe, Wirthshäuser und Kaufbuden der Reihe nach die Limmat hinunter stehen, dass sie nächstens eine Neustadt für sich ausmachen, da war ehemals zur Römerzeit nichts als alter Tannenwald. Stille grasige Weideplätze begannen gleich vor dem Stadtthore, die noch kein einzelner Besitzer für sich genommen hatte. Hieher hatte ein Bube des Ortes seine Schweine getrieben. In der Müssigkeit eines langen Sommertages schälte er sich Ruthen und flocht Körbchen daraus; darüber bemerkte er zu spät, dass sich sein Eber von der Heerde weggeschlichen hatte. Er machte sich gleich auf, ihn im Walde zu suchen. Schon überlegte er alles Kreuz und Elend, das daheim über seine Achtlosigkeit herein brechen werde, da war sein Their schon wieder aus dem Dickickt, sprang mit ganz vergnüglichen Sätzen unter die Heerde hinein und liess sich mit ihr heimtreiben.

Aber des andern Tages gab unser Bube besser acht und that daher gar nicht dergleichen, als ob er merke, wie der Eber auch jetzt sich wegstahl, dem Waldsaume zu weidete und dann rasch darin wie verschwunden war. Augenblicklich war der Hirte hinter ihm her. Er hatte keine hundert Schritte gebraucht, da sieht er, wie sich sein Thier in eine Vertiefung des Waldbodens hinablässt, drunten sich wälzt und sület und wunderbarlicher Weise zu rauchen und zu dampfen anfängt, dass man den Dunst bis in die heisse Mittagssonne herein aufzittern sah. Der Hirte tritt hinzu und der Eber macht sich nun heraus. Ungeduldig schleudert ihm der Junge den Stachelstock entgegen; statt das Thier zu treffen, fährt die Spitze tief in den zähen Waldboden, und es kostet einige Mühe, den Stock herauszuziehen. Aber alsobald springt eine Quelle drunter auf und des Hirten Hand ist wie mit kochendem Wasser übergossen. Auch ein so herbe branstender Schwefelgeruch verbreitet sich, dass unser Bube gewiss bald an den Teufel gedacht hätte. So erzählte er seinen Fund eilig daheim, die Nachbarn erkannten bald des Wassers Heilkraft und richteten sich da ein Bad ein. Und so bleibt es schon wegen unsers Schweinhirten ausgemacht, dass die Badener kalt und warm auch ohne die Römer von einander unterscheiden haben können.

Wollt Jhr aber noch wissen, woher ich meinen Glauben habe, ei, so lasset Euch nur einmal die Handschriften und Chroniken aufschlagen, die der alte Stamm, ein Zürcher-Dekan zu Birmenstorf hinterlassen hat; da drinnen steht's. Und somit Gott befohlen!

Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 17

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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