Jemand war an einem Sonntagsmorgen auf dem Wege von Staffelbach her, um diesmal den Gottesdienst im Dorfe Schöftland zu besuchen. Er schlug dabei den Fusssteig an der Suhre hinab ein und erstaunte, als er hier einen ihm wohlbekannten Mann in den Matten fand, der in seinem Futterhemde dastand und gegen allen Brauch eben die Wiesgraben auszubessern beschäftigt war. Er grüsste den Mann im Vorbeigehen, erhielt aber weder Dank noch Antwort.
Sein Erstaunen wuchs aber noch mehr, sobald er gegen die Kirche von Schöftland kam und nun eben denselben Mann hier unter den Kirchgängern und im Sonntagsrocke erblickte. Wie war es möglich, dass der Arbeiter heimgehen, den Weg noch einmal zurücklegen und frischgekleidet noch vor ihm die Kirche erreichen konnte? Dem Ding war nicht zu trauen; gleich nach beendigter Predigt musste es den Bekannten unter den Kirchgängern mitgetheilt werden. Aber auch sie versicherten einstimmig, es selbst gesehen zu haben, wie der angebliche Wässermann diesen ganzen Morgen in der Predigt geschlafen hatte. Der beargwöhnte Doppelgänger war ein reicher Staffelbacher-Bauer, der sich vor einigen Jahren noch recht wohl befunden hat.
Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 44
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.