Die beiden Wartburger

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Die beiden Wartburgen im Aargau liegen in der Nähe des Städtchens Aarburg auf zwei benachbarten zierlichen Bergspitzen und sind weithin durch das Winen- und Aarthal sichtbar. Das eine noch wohlerhaltene Schloss wird Sälischloss, das andere, gänzlich zerstörte, die Wartburg genannt. Beide gehörten zwei Brüdern, die zusammen um eine Enkelin ihres Vaters freiten. Sie hiess Bertha; und da sie dann dem jüngeren Bruder ihre Hand reichte, erbaute ihnen der Vater auf dem gegenüber liegenden Hügel das neue Schloss. Als beide Eheleute eines Tages zusammen draussen auf der Brüstung sitzen, erscheint der ältere Bruder jenseits auf seiner Burg, stellt eine Scheibe auf die Mauer und ruft dem Gemahle Berthas zu, ein Gleiches zu thun, um jetzt zusammen ein Wettschiessen abzuhalten. Es geschah. Und nun flogen die Pfeile beider Schützen herüber und hinüber kunstgemäss ins Schwarze. „Jetzt gilt's den Meisterschuss!“ rief zuletzt der Ältere, „aber stelle mir deine Scheibe noch besser ins Licht!“ Der Jüngere thut's; und in demselben Augenblick hat auch der jenseits abgedrückt. Statt in der Scheibe sitzt der Pfeil mitten im Herzen des jüngeren. Da ergreift Bertha die Armbrust ihres sinkenden Gemahls, zielt, und ehe noch der drüben die Mauer verlassen kann, muss auch er sich in seinem Blute wälzen. Dann eilt sie in ihr Schloss hinein, zündet es an und lässt sich unter seinen Trümmern begraben. Die Leute des nahe gelegenen Dörfleins Oftringen wollen sie jetzt noch auf dem Felsen oben erblicken, wie sie weinend und händeringend über der Leiche eines Mannes sitzt.

Auch zeigt man nach einer anderen Erzählung unten an der Burg ein Stück unfruchtbaren Landes, auf welchem mitten unter schönem Weideland kein Gras mehr wächst. Dies, sagt man, sei die Stelle, wo der Bruder vom älteren erschossen wurde. Man hat schon öfter, aber vergebens, den Versuch gemacht, den kahlen Fleck anzubauen. Wenn es nun ein Landesunglück geben soll, so sieht man droben zwei feurige Männer, die so lange mit Schwertern fechten, bis einer verschwunden ist, oder der Tag anbricht.

E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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