Der Schatz auf dem Siwiboden

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Der Siwiboden liegt im Norden des Saastales auf dem östlichen Bergabhange. Als sehr vorspringender Bergrücken wird er leicht auch aus beträchtlicher Ferne sicht- und bemerkbar. Er liegt in der Höhe wo die Holzregion aufhört. — Die Gletscher der grossen Eisepoche haben diesen Boden auch bestrichen, doch nur mehr in dünnen Schichten; in kleiner Entfernung nach oben hören die Bergfelsen auf, abgeschliffen zu erscheinen, und sie treten wieder mit scharfen Kanten hervor. Nordwärts dieses grossen Bergrückens, der das Tal bedeutend verengt, fielen die Gletscher beträchtlich; das Schneidende und das Ungeschliffen-sein der Felsen geht tiefer ins Tal herab.

Durch den Mattwaldbach wird der Siwiboden von der Mattwaldalpe getrennt — einer schönen, aber auffallend futterarmen Alpe. Weit ausgedehnte, mit Erde und Rasen wohl belegte Ebenen tragen wie fast kein Gras — mögen zu mager sein. Wenn die neue Wissenschaft solchen magern Weiden etwa auf die Beine helfen könnte, würde sie gewiss grosse Verdienste haben. — Die Sage will diesen Grasmangel einem Fluche zuschreiben, den eine übermütige Bauersfrau, die im Überflusse Gottes Gaben entehrte, dieser einst fetten und fruchtbaren Alpe zugezogen. Auch soll einst immer grosser Zank geherrscht haben in der Abätzung dieser Alpweiden.

Vom Siwiboden erzählt die Sage manches. Unter anderem soll am Fusse des oberen Bergabhanges, wo jetzt ein grosser Steinschutt den Boden bedeck, eine Stadt oder ein Dorf gestanden haben, aus welcher einst ein Trupp Ritter auf einer Spazierfahrt in einem wenig entfernten Bergweiler das Abendessen genommen. Dieser Weiler heisse darum jetzt "Rittmahl".

Die Sage erzählt auch, ein Mann habe einst auf dem Siwiboden eine schöne, reichgeschmückte Frau getroffen, (andere sagen ein Ross) die ihm offenbarte, sie habe im Leben da nahe an der Stadt gewohnt und viel Geld besessen. Sie sei nun aber verurteilt, diese ihre Schätze so lange mühselig zu hüten, bis sie selbe an den Mann bringen und so erlöst werden könne. Wenn er etwa dazu Lust habe, so wolle sie ihm das Mittel angeben; es sei nur nötig, ihr einen Kuss zu geben; jedoch müsste sie ihre Gestalt verändern. Der Mann versprach das Mögliche zu tun. Froh entfernte sich die Frau, ihm noch versichernd, er hätte gar nichts zu fürchten, es werde ihm kein Leide widerfahren.

Bald kreiselte unter furchtbarem Bergekrachen in grossen Krümmungen eine abscheuliche Schlange heran. Dem Manne wurde eiskalt: er bereute sein Versprechen. — Als aber die Schlange zu ihm heran und über ihn hinaufkroch, am Ende noch den garstigen Mund zum versprochenen Kusse darbot, da lag des guten Mannes Mut gebrochen darnieder; er konnte die Schlange nicht küssen, die arme Frau nicht erlösen und die reichen Schätze nicht gewinnen. — Unter herzbrechendem Geheule entfernte sich die verzweifelnde Schlange. Sehr verzagt kehrte unser Mann zu den Seinigen nach Haus zurück; er zog folgenden Tages traurig papierne Schuhe an und ging damit nach Rom, von woher er noch nicht zurück ist.

 

Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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