Es war einmal eine Frau, die hatte zwei Kinder. Einen Jungen und ein Mädchen. Eines Tages ging sie auf die Reise und sagte zu den ihnen: «Hört, Kinder, ich reise fort und ihr bleibt allein daheim. Darum passt bloss gut auf die Heckentür auf.» Sie meinte damit, dass sie aufpassen sollten, dass sich kein Dieb durch die Heckentür reinschleiche. Sie war schon eine Weile fort, da bekamen die beiden Langeweile, und der Bruder sagte zur Schwester: «Komm, wir wollen ein wenig hinaus in den Wald, und die Heckentür nehmen wir mit, dann ist es gut!» Da war sie zufrieden, und sie gingen hinaus in den Wald. Aber wie sie da herumliefen, verirrten sie sich und die Nacht überfiel sie, so dass sie wohl sahen, sie würden nicht mehr heimkommen, und vor Angst kletterten sie auf einen Eichbaum, um dort bis zum Morgen zu bleiben, damit sie nicht von den wilden Tieren zerrissen würden. Eine Zeitlang haben sie da gesessen, da kommen Diebe und schleppen einen Haufen Geld heran, den wollen sie zählen. Da halten sich die Kleinen ganz still im Baum, damit sie nicht von den Männern bemerkt werden. Aber endlich kann sich der Bruder doch nicht mehr ruhig halten und er sagt zur Schwester. «Ich muss etwas Kleines machen.» «Na, so mach doch!». Da tut er’s, aber die Diebe zählen ihr Geld ruhig weiter und sagen: «Es ist ein wenig Regen, der fällt.» Wieder nach einer Weile sagt der Bruder zur Schwester: «Ich kann’s nicht länger halten, ich muss etwas Grosses machen.» «Na, dann mach doch!» Da tut er’s, aber die Diebe zählen ruhig weiter und sagen: «Es ist ein wenig Mist von den Vögeln, die im Baume sitzen.» Nun sitzen sie wieder lange still, da sagt auf einmal der Bruder: «Ich kann die Heckentür nicht mehr halten.» «So wirf sie hinab!» sagt die Schwester. Da wirft er sie hinab, und sie fällt mitten unter die Diebe, und die laufen eiligst davon und rufen: «Die Wolken fallen vom Himmel, die Wolken fallen vom Himmel!» Nun war es aber schon fast Morgen geworden, und da stiegen Bruder und Schwester hinab vom Baume und nahmen die Heckentür und das Geld, das die Diebe da gelassen hatten, dazu und kamen glücklich wieder nach Hause. Die Mutter ging ihnen entgegen und jammerte und schalt, dass sie nicht auf die Heckentür aufgepasst hätten und nun Diebe dagewesen wären und alles mitgenommen hätten. Die Kleinen aber erzählten alles, wie es ihnen im Walde ergangen war, und da war sie froh. Und von dem Geld kaufte sie neue Kleider und neues Gerät dazu, und es blieb noch so viel übrig, dass sie ihr Leben lang alle drei daran genug hatten.
aus: Kindermärchen aus aller Welt, © Mutabor Verlag
Die Heckentür
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Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch