Die drei Brüder

Land: Schweiz
Kategorie: Zaubermärchen

In Kandersteg gab es ein Elternpaar mit drei Buben. Der jüngste hieß Hans. Den mochten die andern zwei nicht leiden, weil er ein bisschen dumm war. Da die Eltern nur ein kleines Gütchen besaßen, dachten sie, es lohne sich nicht, drei Teile daraus zu machen, und da ihnen alle drei Kinder gleich lieb waren, wussten sie nicht, wem sie einmal das Gütchen übergeben sollten. Da sagte der Vater zu ihnen: "Es wäre jetzt Zeit für euch, zu heiraten, aber alle drei könnt ihr nicht hier bleiben, einer muss das Haus haben und was dazugehört, und die andern müssen fort. Aber wem soll das Haus gehören?"

Die Mutter dachte, sie wisse schon, wie sie es anstellen werde. Sie holte drei Büschel Flachs und gab einem jeden ein Büschel in die Hand. "So, geht jetzt damit zu euren Schätzen und lasst den Büschel spinnen. Wer mir das schönste Garn zurückbringt, der soll heiraten und das Gut erhalten."

Die beiden älteren Brüder dachten: ‚Meine ist sicher im Spinnen!' Der Hansel aber hatte keinen Schatz und wusste nicht, wohin er gehen sollte. Er steckte den Flachsbüschel in den Sack und spazierte durch das moosige Gras. Da hörte er eine Stimme, die ihm zurief: "Hans, wo willst du hin?" Er schaute sich um, sah aber niemanden. Da rief es zum zweiten Mal: "Hans, wo willst du hin?" Da er aber niemanden sah, dachte er: ‚Schrei du nur zu', und lief fort. Als es aber zum dritten Mal rief, ging er einige Schritte zurück und sah nun eine Kröte, die in den Halmen drinsaß und ihn fragte, wohin er wolle. Er sagte: "Die Mutter gab mir diesen Büschel Flachs, und jetzt suche ich eine Spinnerin, aber ich werde wohl keine finden!" Da rief die Kröte: "Gib mir den Flachs!" Er sagte: "Nun, was willst du damit anfangen?" Die Kröte versetzte: "Doch, gib her, ich will ihn dir spinnen, und am Tag, an dem deine Brüder ihr Gespinst abholen, kannst du auch kommen!" Da sagte er: "Ich weiß doch keine Spinnerin, so nimm den Büschel", und er warf ihn ins Wasser, und die Kröte schwamm damit fort. Keinem Menschen sagte er, was ihm begegnet war.

Am Tage, an dem das Garn abgeholt werden sollte, liefen die älteren Brüder fort, beide siegesgewiss. Hans dachte, er wolle auch hingehen und nachsehen, und da hing das Garn an der Staude im Wasser, wo die Kröte gesessen hatte. Er nahm es, und nun schwamm die Kröte heran und sagte: "Bring das Garn deiner Mutter, das Haus wirst du bekommen und das Vermögen auch; dann geh zum Pfarrer und las dich mit mir auskünden, und wenn der Pfarrer nicht will, so bestehe darauf. Kauf für dich und mich das Hochzeitskleid, häng das meine in der Sakristei auf und bestimme den Hochzeitstag. Und wenn ich nicht komme, so werde nur nicht ungeduldig; wenn du ausharrst, so werde ich schon zur rechten Zeit erscheinen!"

Hans brachte das Garn seiner Mutter. Diese prüfte es und verglich es mit den beiden andern Bündeln und sagte: "Hansel, das deine ist das schönste, du bekommst das Haus und das Feld, und die andern zwei müssen ausziehen, und nun las dich mit deinem Schatz verkünden!"

Hansel ging zum Pfarrer und bat ihn, auf der Kanzel die Verkündung anzuzeigen. Aber der Pfarrer sagte, er sei ein dummer Kerl, das solle wohl ein Scherz sein, dass er eine Kröte heiraten wolle, aber Hansel bestand darauf, und der Pfarrer musste nachgeben. Die Leute schauten den Hansel noch für einen größeren Narren an als bisher, als sie hörten, was er vorhatte. Hans ließ sich aber nicht stören. Er ließ das Kleid anfertigen und bestimmte den Hochzeitstag.

Die Kirche war gesteckt voll, das Hochzeitskleid seiner Braut hing in der Sakristei, und Hansel saß im Stuhl. Die Leute und der Pfarrer dachten, das sei nur Spaß. Als Hansel vor dem Altar stand, kam eine Kröte durch den Chor dahergehüpft. Sie hüpfte ins Kleid hinauf, das am Nagel hing, und da stand auf einmal ein schönes Fräulein neben Hansel vor dem Altar. Die andern machten große Augen und beneideten ihn. Der Pfarrer gab sie zusammen, und sie lebten in gutem Frieden.

 

Quelle: Johannes Jegerlehner, Sagen aus dem Oberwallis, Basel 1913. Nr. 17, S. 153 - 155.? (Kanton Wallis, Ferden im Lötschental). AaTh 402.

 

 

 

    

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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