Der Nachtjäger oder «Hutätä»

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

In langen Winternächten, wenn Bauer und Gesinde in warmer Stube am Tisch oder beim gut geheizten Sandsteinofen sassen, da tauchten gerne Spukgeschichten auf, die in harter Arbeitszeit des heissen Sommers vergessen waren. Heute im Jahrhundert der Rennkämpfe und des geschwätzigen Radios (1925–1935) gerät der Sagenschatz des Volkes in Vergessenheit. Er scheint das Los des im Rhein versenkten Nibelungenschatzes zu teilen. Ein beliebter Stoff zum Erzählen waren die Mären vom wilden Jäger. In mannigfacher Abweichung kommt er zur Sprache.

 

a) Die Jagdzeit des wiIden Jägers ist vornehmlich die neblige, langnächtige Adventszeit. In diesen kalten Nächten zieht er mit seiner Meute durch die Lüfte und stösst ein unheimliches «Hutarataa» oder «Hutätä» aus. Der Jäger ist ein kleines Männlein in grünem Jagdkleid; kleine Hündlein begleiten ihn. Wenn der unheimliche Jäger offene Haustüren bemerkt, rennt er mit seinem Tross durch den Hausgang. In der Bachmatte unterhalb Jetschwil soll der wilde Jäger öfters anzutreffen und zu hören gewesen sein in vergangenen Jahren.

 

b) Diese Begegnung mit dem Nachtjäger hatte einst ein Nachtbube: Ganz tief über den Boden sprangen die Hündchen dahin. Da packte der mutwillige Bursche flink ein Hündlein und steckte es in die weite Rocktasche, um es daheim seinen Angehörigen zu zeigen. Der Grüne schien den Fang nicht zu bemerken. Als der Bursche daheim mit seinem Erlebnis prahlte und das Hündchen aus der Rocktasche hervorziehen wollte, da gab’s ein schadenfrohes Gelächter bei seinen Geschwistern. Statt das Tierlein fand der Junge nur einen trockenen Rosspollen vor. So war der übermütige Nachtbub gefoppt worden.

 

c) In Luggiwil hörte eine Magd den Nachtjäger vorbeiziehen und ahmte spöttisch seine Rufe nach. Da näherte sich dem Fenster des Mädchens eine dunkle Gestalt und warf einen Knochen, der schon angenagt war, in die Stube; dabei hörte das erschrockene Mädchen die Worte: «Hast mir helfen jagen, kannst mir auch helfen nagen.»

 

d) Eine alte Frau von St. Silvester (gest. 1934), bekannt unter dem Namen «Schmutzes Kathri«, erzählte mir vom Nachtjäger folgendes Erlebnis: Vor ca. fünfzig Jahren, als die Frau von einem Ausgang nachts heimkehrte, hörte sie von Tschabel her ein Schreien und Peitschenknallen, wie wenn ein wildes Heer über Berg und Wald dahinrasen würde. Auf einmal sah die Frau einen Mann wild daher stürmen; er setzte leichtfüssig über den Haselhag und fegte über die Matten dahin. Plötzlich wurde er grösser und grösser, bis die Gestalt sich in einen langen Nebelstreifen auflöste, der langsam über die Wiesen dahinschwebte. Der Frau, die zum Gebet die Zuflucht nahm, geschah nichts Böses.

 

Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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