Zahi und Zahia

Land: Libanon
Region: Balbeek-Hermel, Nord Bekaa, Libanon
Kategorie: Zaubermärchen

In einem kleinen Dorf lebte einst ein Vater ganz allein mit seinen beiden Kindern. Die Mutter war schon früh gestorben und so musste sich der Vater ganz allein um Zahi und Zahia kümmern. Jeden Morgen verliess er das Haus, um zur Arbeit zu gehen. Zu den Kindern sagte er: «Hier habt ihr genug zu essen für den ganzen Tag. Seid schön brav und verlasst das Haus nicht».

So ging das Tag für Tag. Einmal sagte Zahi zu seiner Schwester: «Wenn Vater aus dem Haus geht, so will ich das auch. Lass uns im Wald spazieren gehen.»

«Aber Vater hat es verboten», sagte Zahia.

Doch Zahi wollte nicht auf seine Schwester hören und war schon zur Tür hinaus. Schnell nahm Zahia eine Handvoll Asche, und ging ihm nach, doch bei jedem Schritt legte sie eine Spur durch den Wald.

Lange gingen sie durch den Wald. Sie sahen Vögel, assen Brombeeren und staunten über die Farben, als die Sonne unterging. Bevor es Dunkel wurde, folgten sie der Spur, die Zahia gelegt hatte und kehrten nach Hause zurück.

An diesem Abend waren sie sehr müde, aber sie erzählten dem Vater nichts von ihrem Abenteuer.

Am nächsten Tag sagte Zahi: «Komm, lass uns wieder in den Wald gehen. Nimm statt Asche dieses Brot. Die Krümel werden uns den Weg zeigen.»

So gingen die beiden in den Wald, liessen hier einige Krümel liegen und dort ein paar, ohne zu merken, dass die Vögel sie hinter ihnen gleich wieder aufpickten.

Als sie wieder nach Hause wollten, waren die Krümel verschwunden. Keine Spur war mehr zu sehen, und als es dunkel wurde, hatten sie den Weg ganz verloren. So irrten sie durch den Wald und sahen plötzlich ein Licht. Als sie näher kamen, sahen sie ein kleines Haus. Sie klopften an die Tür und eine alte Frau öffnete. «Kommt herein», sagte sie. Sie gab ihnen zu essen und zu trinken und sprach freundlich zu ihnen, so dass sie nicht merkten, dass sie in Wahrheit eine Ogerin war.

Aber schon am nächsten Tag sperrte die böse Alte den Jungen in den Keller und gab ihm besonders viel zu essen, während Zahia für sie putzen musste.

Einmal hörte Zahia die Alte sagen: «Morgen werde ich den Jungen braten und essen!»

Zahia zitterte vor Angst und überlegte, wie sie den Bruder retten könnte. Am nächsten Morgen rief die Ogerin: «Zahia, entzünde das Feuer im Tannour!»

Zahia nahm die grössten Holzstücke und als das Feuer im Ofen heiss brannte, rief sie die Alte und fragte: «Brennt es schon genug?»

Kaum bückte sich die böse Alte, um in den Ofen zu schauen, da packte Zahia die Ogerin und stiess sie in den Ofen, bis nur noch ein Häufchen Asche übrig war. Schnell eilte Zahia zu ihrem Bruder, um ihn zu befreien, aber wo war der Schlüssel zum Käfig? Da fiel es Zahia ein: Die alte Ogerin hatte ihn in ihrer Schürze getragen. Schnell suchte sie in der Asche und da lag der Schlüssel. Sie befreite Zahi und gemeinsam suchten sie den Weg nach Hause.

Sie liefen zwei Tage durch den Wald, bis sie endlich ihr Zuhause fanden. Der Vater stand vor dem Haus, fast blind, weil er so viele Tränen um seine Kinder geweint hatte. Jetzt erkannte er sie und rief: «Zahi! Zahia! Ihr seid wieder da!»

Sie umarmten einander und lebten noch viele Jahre glücklich und zufrieden zusammen.

Fassung Djamila Jaenike, nach: N. Zoghaib, La Fille aux cendres. Contes du Liban, Paris 2010 © Mutabor Märchenstiftung

Zahi and Zahia

In a small village, a father once lived all alone with his two children. His mother had died at an early age and so the father had to look after Zahi and Zahia all by himself. Every morning he left the house to go to work. He said to the children: "Here you have enough food for the whole day. Be good and don't leave the house".
This went on day after day. Once Zahi said to his sister: "If father leaves the house, I want to too. Let's go for a walk in the forest."
"But father has forbidden it," said Zahia.
But Zahi wouldn't listen to his sister and was already out the door. Zahia quickly took a handful of ashes and went after him, but she left a trail through the forest with every step.
They walked through the forest for a long time. They saw birds, ate blackberries and marveled at the colors as the sun set. Before it got dark, they followed the trail that Zahia had left and returned home.
That evening they were very tired, but they didn't tell their father about their adventure.
The next day, Zahi said: "Come on, let's go back into the forest. Take this bread instead of ashes. The crumbs will show us the way."
So the two of them went into the forest, leaving a few crumbs here and a few there, without realizing that the birds were picking them up right behind them.
When they wanted to go home again, the crumbs had disappeared. There was no sign of them and when it got dark, they had lost their way completely. So they wandered through the forest and suddenly saw a light. As they got closer, they saw a small house. They knocked on the door and an old woman opened it. "Come in," she said. She gave them food and drink and spoke kindly to them, so that they did not realize that she was actually an ogre.
But the very next day, the wicked old woman locked the boy in the cellar and gave him extra food while Zahia had to clean for her.
At one point, Zahia heard the old woman say: "Tomorrow I will roast the boy and eat him!"
Zahia trembled with fear and thought about how she could save her brother. The next morning, the ogre woman called out: "Zahia, light the fire in the tannour!"
Zahia took the largest pieces of wood and when the fire in the oven was burning hot, she called the old woman and asked: "Is it burning enough yet?"
As soon as the wicked old woman bent down to look into the oven, Zahia grabbed the ogre and pushed her into the oven until all that was left was a pile of ashes. Zahia quickly rushed to her brother to free him, but where was the key to the cage? Then Zahia remembered: The old ogre woman had carried it in her apron. She quickly searched in the ashes and there was the key. She freed Zahi and together they searched for the way home.
They walked through the forest for two days until they finally found their home. The father was standing in front of the house, almost blind because he had cried so many tears for his children. Now he recognized them and called out: "Zahi! Zahia! You're back!"
They embraced each other and lived happily and contentedly together for many more years.

Fassung Djamila Jaenike, nach: N. Zoghaib, La Fille aux cendres. Contes du Liban, Paris 2010, englische Fassung L. Jaenike © Mutabor Märchenstiftung

Libanon liegt am Mittelmeer, grenzt an Syrien und Israel und hat seinen Namen von den weissen Gipfeln der Gebirgskette, die sich über 160 km parallel zur Küste erstreckt. Es ist das einzige Land im arabischen Raum, das keine Staatsreligion festgelegt hat. Dadurch ist es geprägt durch ein Nebeneinander zahlreicher Religionen, was auch in der Regierung repräsentiert wird. Auf Unabhängigkeit und drei Jahrzehnte Stabilität folgten Bürgerkrieg, Terroranschläge und Wirtschaftskrise. Dreiviertel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Hunger und Arbeitslosigkeit beherrschen den Alltag. Libanon weist von allen Staaten der Welt die höchste Flüchtlingszahl auf. Grösstenteils vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflüchtete Menschen,  seit Herbst 2023 vermehrt Menschen aus Palästina.

 

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