Der Topf, der ein Kind bekam

Land: Libanon
Kategorie: Schwank

Einmal wollte Goha seinem geizigen Nachbarn einen Streich spielen. Er klopfte an dessen Tür und sagte: «Ich erwarte heute viele Gäste und brauche einen grossen Topf, so wie du einen hast. Leih ihn mir bitte aus.»

Der Geizhals wollte seinen Topf auf keinen Fall ausleihen. Deshalb sagte er: «Nun, weisst du, der Topf ist bestimmt nicht gut genug für dich, frag lieber bei einen anderen.»

Doch Goha gab nicht auf: «Aber nein, der Topf ist sicher genau richtig!»

Da konnte der geizige Nachbar nicht mehr ablehnen, er holte den Topf und Goha ging zufrieden damit nach Hause.

Am Abend lud er seine Freunde ein und sie kochten etwas Gutes.

Am nächsten Tag ging Goha zum Nachbarn und brachte den Topf zurück, aber er hatte einen kleineren Topf in den grossen gestellt.

Der Nachbar wunderte sich: «Was macht denn der kleine Topf im grossen?»

«Ach weisst du», sagte Goha, «als der grosse Topf bei mir war, hat er ein Kind bekommen. Deshalb ist da jetzt der kleine Topf drin.»

«Bei Allah, das ist seltsam», rief der Nachbar und nahm erfreut beide Töpfe an sich.

Nach einiger Zeit klopfte Goha wieder bei dem Geizigen und bat um den grossen Topf. Diesmal holte der Nachbar rasch den Topf und gab ihn bereitwillig her.

Am nächsten Tag brachte Goha den Topf zurück und stellte wieder einen kleineren Topf hinein.

Erfreut sah der Nachbar die beiden Töpfe und sagte: «Bei Allah, das ist ein Wunder, aber eine gute Sache», und nahm die zwei Töpfe an sich.

Einige Tage später klopfte Goha schon wieder an die Tür des Geizigen und bat: «Ich erwarte sehr viele Gäste und brauche fünf Töpfe von dir».

Eilig holte der Nachbar alle Töpfe, die er hatte, und drückte sie Goha in die Hand.

Es verging ein Tag, ein weiterer, eine Woche und ein Monat, ohne, dass Goha die Töpfe zurückbrachte.

Da ging der Nachbar zu Goha, klopfte an die Tür und sagte: «Ich möchte wissen, wo meine Töpfe geblieben sind, und ob sie schon wieder Kinder bekommen haben.»

«Oh, lieber Nachbar, es ist etwas Trauriges passiert. Deine Töpfe sind leider im Kindbett gestorben.»

«Was!» rief der Geizige wütend, «das kann doch nicht sein, wie können Töpfe sterben?»

 «Ja, wenn Töpfe Kinder bekommen können, dann können sie doch auch im Kindbett sterben.»

Da begriff der Nachbar, dass Goha ihm einen Streich gespielt hatte. Er liess die Schultern hängen und ging schweigend davon.

Manche sagen, er wäre nun von seinem Geiz geheilt, wer weiss?

Fassung Djamila Jaenike, nach: The Cooking Pot that Gave Birth, in S. P. Jamali, Folktales from the City of the golden Domes, Beirut 1965 © Mutabor Märchenstiftung

The pot that gave birth

Goha once wanted to play a trick on his stingy neighbor. He knocked on his neighbor's door and said: "I'm expecting a lot of guests today and need a big pot like the one you have. Please lend it to me."
The miser didn't want to borrow his pot under any circumstances. So he said: "Well, you know, the pot is definitely not good enough for you, better ask someone else."

But Goha didn't give up: "But no, I'm sure the pot is just right!"

The stingy neighbor could no longer refuse, he fetched the pot and Goha went home happy with it.

That evening, he invited his friends over and they cooked something delicious.

The next day, Goha went to the neighbor and brought the pot back, but he had put a smaller pot in the big one.

The neighbor wondered: "What's the small pot doing in the big one?"

"Oh, you know," said Goha, "when the big pot was with me, he had a baby. That's why the little pot is in there now."

"By Allah, that's strange," exclaimed the neighbor and happily took both pots.

After a while, Goha knocked on the miser's door again and asked for the big pot. This time the neighbor quickly fetched the pot and willingly gave it to him.

The next day, Goha brought the pot back and put another smaller pot in it.

Delighted, the neighbor saw the two pots and said, "By Allah, this is a miracle, but a good thing," and took the two pots.

A few days later, Goha knocked on the miser's door again and asked: "I'm expecting a lot of guests and need five pots from you.

The neighbor hurriedly fetched all the pots he had and put them in Goha's hand.

A day, another day, a week and a month passed without Goha returning the pots.

Then the neighbor went to Goha, knocked on the door and said: "I would like to know where my pots have gone and whether they have given birth again."

"Oh, dear neighbor, something sad has happened. Your pots have unfortunately died in childbirth."

"What!" cried the miser angrily, "that can't be, how can pots die?"

 "Yes, if pots can have children, then they can also die in childbirth."

Then the neighbor realized that Goha had played a trick on him. He slumped his shoulders and walked away in silence.

Some say he was now cured of his miserliness, but who knows?

Fassung Djamila Jaenike, nach: S. P. Jamali, Folktales from the City of the golden Domes, Beirut 1965, englische Fassung L. Jaenike © Mutabor Märchenstiftung

Libanon liegt am Mittelmeer, grenzt an Syrien und Israel und hat seinen Namen von den weissen Gipfeln der Gebirgskette, die sich über 160 km parallel zur Küste erstreckt. Es ist das einzige Land im arabischen Raum, das keine Staatsreligion festgelegt hat. Dadurch ist es geprägt durch ein Nebeneinander zahlreicher Religionen, was auch in der Regierung repräsentiert wird. Auf Unabhängigkeit und drei Jahrzehnte Stabilität folgten Bürgerkrieg, Terroranschläge und Wirtschaftskrise. Dreiviertel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Hunger und Arbeitslosigkeit beherrschen den Alltag. Libanon weist von allen Staaten der Welt die höchste Flüchtlingszahl auf. Grösstenteils vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflüchtete Menschen,  seit Herbst 2023 vermehrt Menschen aus Palästina.

 

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