Der Junge mit der Yamswurzel 

Land: Nigeria
Kategorie: Zaubermärchen

Es lebte einmal ein Yoruba-Junge, der war mit einem Stückchen magischer Yamswurzel in der Hand zur Welt gekommen. Das Wurzelstück war so klein, dass es genau in seine winzige Handfläche passte. Der Junge wurde grösser und stärker, aber  die magische Wurzel trug er immer bei sich. Einmal schickte seine Mutter ihn in den Busch, um Holz zu holen. Fleissig sammelte er dürre Äste. Es waren so viele, dass er sie zusammenbinden wollte. Dafür musste er aber die magische Wurzel aus der Hand legen. Vorsichtig legte er das winzige Stück Yams auf einen Baumstamm dicht neben sich. Dann hob er das fertige Bündel Holz auf den Kopf und machte sich auf den Heimweg. Das Yamsstück aber hatte er im Eifer vergessen.
Währenddessen hatten sich die Tiere im Busch versteckt und gesehen, wie der Junge Holz sammelte. Kaum war er fort, kamen sie hervor und schnupperten an der Yamswurzel, die er liegen gelassen hatte. «Das muss ein starker Zauber sein, in dieser Wurzel», sagte der Leopard. «Der hat Glück, dem es gehört.» Das meinten die anderen Tiere auch und bald stritten sie sich darum, wem das Stück Yamswurzel gehören sollte.   
Unterdessen fiel dem Jungen ein, dass seine magische Yamswurzel fehlte. Er legte das Holzbündel am Wegrand ab und rannte, so schnell er konnte zurück zum Baumstamm, wo er es hingelegt hatte. Er war ganz überrascht, als er sah, dass dort so viele Tiere waren. Auch wilde und gefährliche Tiere! Er wusste nicht, was er tun sollte. Zum Wegrennen war es zu spät. In seiner Not beschloss er ein Lied zu singen: 

«Mein kleiner Yams, mein kleiner Yams
Habe ich im Busch vergessen
Mein kleiner Yams, mein kleiner Yams
Ich komme dich jetzt holen
Sonst gibt es heute nichts zu essen.»

Der Junge sang immer wieder sein Lied und er sang so schön, dass die Tiere ganz bezaubert waren. «Sing noch einmal, sing noch einmal!», riefen sie und bald begannen sie mitzusingen. Andere trommelten und tanzten dazu um den Baumstamm herum. Darauf hatte der Junge gewartet. Mit jedem Schritt kam er dem Yamsstück ein wenig näher und als niemand hinsah, griff er nach der Wurzel und steckte sie schnell in seine Kleider. Dann schlich er leise davon.
Eine ganze Weile tanzten und sangen die Tiere noch, da fragte auf einmal der Leopard: «Wo ist der Junge und wo ist die Yamswurzel?» Auf einen Schlag wurde es still. «Wer hat den magischen Yams genommen und wo ist der Junge?», knurrt er böse. 
«Der Junge hat das Yamsstück mitgenommen!», rief der Elefant. 
«Wir müssen ihn einholen und ihm die Wurzel wegnehmen!“, rief der Leopard. «Wer will gehen?», fragte er, aber die Tiere schüttelten alle den Kopf. «Also gut», meinte der Leopard, «dann werde ich selber gehen. Aber dann gehört die magische Wurzel mir.» Noch bevor jemand etwas sagen konnte, rannte der Leopard los.
Der Junge war inzwischen auf dem schnellsten Weg nach Hause gerannt. Sogar sein Holzbündel hatte er am Weg liegen gelassen. Seine Mutter sass vor der Hütte. Sie hatte einen Topf mit dunkler Farbe auf dem Feuer, damit wollte sie Kleider färben. Keuchend kam der Junge bei ihr an und erzählte ihr die Geschichte von den tanzenden Tieren. «Bald werden die Tiere kommen und das wird gefährlich. Geh schnell ins Haus und verstecke dich», sagte sie.  Dann rief sie die anderen Frauen aus dem Dorf zusammen. Sie nahmen Stöcke in die Hand, tauchten sie in die dunkle Farbe und warteten.
Es dauerte nicht lange, da stürzte der Leopard mit lautem Gebrüll in den Hof. Da nahmen die Frauen ihre Stöcke und hieben so lange auf ihn ein, bis er davonsprang. Von den Farbstöcken aber war sein Fell voller dunkler Flecken und die hat er bis heute. Als die Tiere hörten, was dem Leoparden geschehen war, trauten sie sich nicht mehr in die Nähe vom Dorf. 
Bis heute erzählen sich die Menschen die Geschichte von dem Jungen mit der magischen Yamswurzel. Und wenn du einmal einen Leoparden siehst, dann weisst du, weshalb er so viele Flecken auf seinem Fell hat.

Aus: Pflanzenmärchen aus aller Welt ©Mutabor Verlag

The boy with the yamroot

There was once a Yoruba boy who was born with a piece of magic yam in his hand. The piece of root was so small that it fitted exactly into his tiny palm. The boy grew bigger and stronger, but he always carried the magic root with him. Once his mother sent him into the bush to fetch wood. He diligently collected dry branches. There were so many that he wanted to bind them together. But to do so, he had to put down the magic root. He carefully placed the tiny piece of yam on a tree trunk close to him. Then he lifted the finished bundle of wood onto his head and made his way home. But he had forgotten the piece of yam in his eagerness.

Meanwhile, the animals had hidden in the bush and seen the boy collecting wood. As soon as he had gone, they came out and sniffed the yam he had left behind. "There must be some powerful magic in this root," said the leopard. "He's lucky who owns it." The other animals thought so too and soon they were arguing about who the piece of yam should belong to.  

Meanwhile, the boy remembered that his magic yam was missing. He put the bundle of wood down by the side of the path and ran as fast as he could back to the tree trunk where he had put it. He was quite surprised when he saw that there were so many animals there. Wild and dangerous animals too! He didn't know what to do. It was too late to run away. In his distress, he decided to sing a song:

"My little yam, my little yam

I forgot in the bush

My little yam, my little yam

I'm coming to get you now

Otherwise there will be nothing to eat today."

The boy sang his song again and again and he sang so beautifully that the animals were completely enchanted. "Sing again, sing again!" they shouted and soon they began to sing along. Others drummed and danced around the tree trunk. The boy had been waiting for this. With every step, he got a little closer to the yam and when no one was looking, he grabbed the root and quickly tucked it into his clothes. Then he quietly slipped away.

The animals danced and sang for quite a while, when suddenly the leopard asked: "Where is the boy and where is the yam?" All of a sudden it fell silent. "Who took the magic yam and where is the boy?" he growled angrily.

"The boy has taken the yam!" shouted the elephant.

"We have to catch up with him and take the root away from him!" shouted the leopard. "Who wants to go?" he asked, but the animals all shook their heads. "All right then," said the leopard, "I'll go myself. But then the magic root is mine." Before anyone could say anything, the leopard ran off.

In the meantime, the boy had run home as fast as he could. He had even left his bundle of wood on the path. His mother was sitting outside the hut. She had a pot of dark dye on the fire, which she was going to use to dye clothes. Panting, the boy reached her and told her the story of the dancing animals. "Soon the animals will come and it will be dangerous. Go into the house quickly and hide," she said.  Then she called the other women from the village together. They took sticks in their hands, dipped them in the dark paint and waited.

It wasn't long before the leopard rushed into the courtyard with a loud roar. The women took their sticks and beat him until he jumped away. But his fur was full of dark spots from the colored sticks and he still has them to this day. When the animals heard what had happened to the leopard, they no longer dared to go near the village.

To this day, people tell each other the story of the boy with the magic yam. And if you ever see a leopard, you will know why it has so many spots on its fur.

Aus: Pflanzenmärchen aus aller Welt ©Mutabor Verlag, englische Fassung Lysander Jaenike ©Mutabor Märchenstiftung

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

In Nigeria, dem Land der Igbo, Yoruba und Hausa, werden über 500 Sprachen und Idiome gesprochen. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung lebt in grosser Armut und nach Bürgerkrieg, Hunger und dem Terror der Boko Haram, ist ein grosser Teil der Menschen auf der Flucht.

 

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