Die drei Blumen aus der Hölle

Land: Schweiz
Region: Lago Maggiore
Kategorie: Zaubermärchen

Eine Frau hatte drei Töchter zu verheiraten und niemals kam jemand sie zu suchen. Eines Tages rief sie aus: „Kommt denn niemals irgendein Teufel, mir eine wegzuheiraten?"

Den Tag danach klopft an die Türe ein schöner Jüngling und von der Mutter, die ihm öffnet, erbittet er die älteste Tochter zur Ehe.

Die gute Mutter ist sehr zufrieden und gibt ihm die Tochter und der Jüngling trägt sie fort.

Dieser Jüngling war der Teufel, der sich verkleidet hatte und er brachte seine Gattin in die Hölle, jedoch in ein schönes, ganz reines Haus, wohin die Hitze nicht kam und er sagte: „Siehst du, hier ist unser Haus. Du bist hier die Herrin und kannst tun, was du willst: Essen, trinken, dich unterhalten. Aber eine Sache allein verbiete ich dir zu tun: Du darfst niemals in das Loch blicken, das sich im Hof befindet."

Die Frau verspricht, dass sie nicht hineinblicken wird und der Teufel geht an seine Geschäfte. Jedoch ehe er fortgeht, steckt er der Ahnungslosen eine schöne frische Blume in die Haare.

Kaum war er gegangen, als die neugierige Frau schon in den Hof läuft, um in das Loch zu sehen. Und sie sieht da unten viele Frauen die brennen und eine grosse Hitze strömt ihr entgegen.

Als der Teufel nach Hause kam, sah er zuerst nach seiner Frau und sagte: „Du hast ins Loch geblickt."

„Nein", antwortete sie, „ich habe wirklich nicht hineingesehen."

„Doch", schrie der Teufel, „denn die Blume, die du auf dem Kopf hast, ist verwelkt und verdorrt von der Hitze." Und er warf die Frau in das feurige Loch hinunter.

Dann verwandelte er sich noch einmal in einen jungen Mann und ging ins Haus seiner Schwiegermutter, um die zweite Tochter zu freien. Aber die Frau wollte nichts davon wissen, weil sie von der ersten nie mehr gehört hatte. Der verkleidete Teufel jedoch bestand so heftig auf seinem Verlangen, dass die Frau schliesslich willig wurde und die zweite Tochter gab, die er forttrug wie die erste.

Als er in der Hölle angekommen war, sagte er seiner Frau, sie dürfe alles tun, was sie wolle, nur nicht in das Loch da unten sehen. Und auch ihr steckte er eine Blume ins Haar und ging fort, Seelen zu fangen.

Auch die neue Frau konnte nicht der Versuchung widerstehen zu sehen, was in dem Loch wäre. Sie lief hineinzusehen und sah mitten in dem Feuer ihre ältere Schwester, die brannte in hellen Flammen und rief ihr zu: „Oh Unglückliche, auch du hast hineingeblickt und auch du wirst heruntergeworfen werden. Die Blume, die in deinen Haaren verwelkt, wird dich verraten."

Und so war es. Der Teufel kam, sah die Blume und schon stiess er sie ins Loch.

Nun verwandelte er sich noch einmal in einen schönen jungen Mann und ging und verlangte die dritte Tochter.

„Nein, nein", antwortete die Mutter, „zwei Töchter habe ich verheiratet und nie mehr gesehen. Diese behalte ich."

Aber der Teufel bat und beharrte so fest, dass es ihm gelang, sie mit sich fortzuführen. Und auch dieser verbot er in das Loch zu sehen. Dann entkam er eilends, denn er hatte viel zu tun in der Welt.

Die letzte war, obwohl die jüngste, doch die schlaueste. Sie liess sich nicht von der Neugierde besiegen, und statt sogleich zu gehen, um ins Loch zu sehen, machte sie die Runde durch ihr Haus. Als sie vor einem Spiegel angekommen war, der ihr Bild zurückwarf, sah sie die Blume, die der Teufel ihr ins Haar gesteckt hatte und sie dachte, sie wolle sie ins Master stellen, damit sie frisch sei, wenn ihr Mann nach Hause komme. Sie tat es und lief dann auf und ab im Haus. Zuletzt langweilte sie sich und wollte in das Loch sehen.

Welch schmerzliche Überraschung, als sie unten die zwei Schwestern brennen sah, welche riefen: „Liebe Schwester, die du keine Blume im Haar hast, rette du uns!"

Aber es war schon spät und der Teufel würde bald zurückkehren. Es war nicht nötig, dass er sie hier fand. Sie lief ins Haus, steckte sich die frisch gebliebene Blume ins Haar und ging an die Haustüre, um ihren Mann zu empfangen. Dieser kam und war sehr zufrieden, die frische Blume zu sehen und sagte: „Du bist meine treue Frau, wünsche dir, was du willst und ich werde dir es schenken."

Da sagte sie: „Schönes Männchen, ich möchte meiner Mutter eine Kiste mit Sachen schicken, willst du sie ihr bringen?"

„Ja, liebe Frau."

„Gut. Ich werde sie dir herrichten, bis du zurückgekehrt sein wirst. Ich werde nicht dabei sein, denn ich will schlafen und du wirst sie ihr bringen. Jedoch versprich mir, nicht hineinzublicken, denn ich werde dich sehen, wenn du es tust."

Der Teufel versprach es und ging fort. Die Frau lief nun zum Loch und zog eine ihrer Schwestern herauf, setzte sie in eine Kiste und sagte ihr, dass, wenn der Ehemann versuche, die Kiste zu öffnen, sie mit verstellter Stimme ihn schimpfen solle.

Der Teufel kam, lud sich die Kiste auf die Schulter und ging nach dem Hause der Schwiegermutter. Unterwegs hatte er Verlangen zu sehen, was seine Frau der Mutter schickte und bemühte sich, die Kiste zu öffnen. Aber eine Stimme, die die seiner Frau schien, schrie: „Nicht öffnen, denn ich sehe dich."

„Wie, du siehst mich? Aber wo bist du?"

„Ich bin weit weg und sehe dich doch. Geh und trage die Kiste." Und der Teufel lud sie sich wieder auf die Schulter ohne hineinzusehen und brachte sie der Schwiegermutter.

„Gott sei gelobt, der mir etwas schickt!" sagte die Frau. Beim Anhören des Namens Gottes erschrak der Teufel und entwich. Die Frau öffnete die Kiste und heraus kam die älteste Tochter zum grossen Trost der Mutter.

Nach einiger Zeit sagte die Frau zum Teufel: „Lieber Mann, ich möchte eine zweite Kiste mit Sachen meiner Mutter schicken; willst du sie hintragen?"

„Ja, liebe Frau, ich will sie hintragen."

„Jedoch du darfst nicht hineinblicken, denn ich werde dich sehen, wenn du es tust."

Den Tag danach kam der Teufel heim von seinen geheimnisvollen Reisen. Er fand die Kiste bereit und lud sie sich auf die Schulter, während die Frau noch im anderen Zimmer schlief, und trug sie zu seiner Schwiegermutter. Unterwegs musste er die Kiste einmal abstellen, denn sie war schwer. Seine Frau hatte ausser der zweiten Schwester noch Geld, Ringe und Ketten von Gold hineingetan. Neugierig fühlte der Teufel, wie schwer sie war und versuchte sie zu öffnen, um zu sehen, was sie enthielt. Aber er konnte es nicht, denn die Stimme seiner Frau rief: „Was machst du, lieber Mann, warum hältst du nicht dein Versprechen? Geh, lauf und trage die Kiste, wie sie ist!"

Und er ging und lief und trug die Kiste. Seine Schwiegermutter war sehr zufrieden und dankte dem Herrn, so dass der Teufel sofort verschwand.

Nachdem wieder eine Woche vergangen war, wollte die Frau von ihm, dass er noch einmal eine Kiste zu ihrer Mutter trüge und bat ihn darum. Sie sagte ihm, dass er sie am Morgen seiner Rückkehr vor der Türe finden werde und er müsse sie gleich forttragen, ohne das Haus zu betreten, denn sie wolle nicht so früh geweckt werden. Und in die Kiste tat sie Geld, Juwelen und Perlen und sie selbst kroch hinein und schloss sich ein.

Der Teufel kam, fand vor der Türe die Kiste und mit grosser Mühe trug er sie fort zum Haus der Schwiegermutter. Er wollte sie wieder öffnen, um hineinzublicken und konnte es nicht, denn die Stimme seiner Frau liess sich hören. Er verzichtete also und ging und trug sie bis zum Haus. Die Schwiegermutter dankte Gott dafür und brachte dadurch den Teufel zum Verschwinden.

Die gute Mutter aber war froh, ihre drei Töchter wieder zu haben und alle lebten glücklich viele Jahre und zehrten von den Schätzen aus der Hölle.

Quelle: L. Clerici, Helene Christaller (Übers.), Märchen vom Lago Maggiore.

Nach mündlicher Überlieferung gesammelt von Luigi Clerici, Basel o. J.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch; typografisch leicht angepasst.

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