Der Blumenstein

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Nebst den Klöstern sind wohl vorzüglich alte Schlösser und Herrenhäuser, besonders solche, die nicht mehr bewohnt sind, der Schauplatz von Geister- und Spukgeschichten. In Solothurns Umgegend war aber kein Herrenhaus berüchtigter als der beim Fegez einsam gelegene, zerfallende Blumenstein. Wer nachts nahe daran vorbei musste, der schlug, eh’ er bei der gefürchteten Stelle vorbeiging, fromm ein Kreuz, oder betete in voller Angst des Herzens was er nur wusste. Denn oft hörte man in dessen Nähe eine Stimme weinen und jammern, oft durchtönte ein durchdringender furchtbarer Schrei die Stille der Nacht, und es öffnete sich der vom Kloster Namen Jesus dorthin führende Fallgatter von selbst durch Geisterhände. So ging in einer schönen Herbstnacht der neunziger Jahre, ein junges Milchmädchen, das sich länger als gewöhnlich in der Stadt aufgehalten hatte, nach St. Niklaus zurück. Als es gegen den Blumenstein kommt, sieht es verwundert die Fenster des um diese Jahreszeit sonst unbewohnten Herrenhauses erleuchtet, das eiserne Gitter gegen dem Haus, das ehemals da war, öffnet sich von selbst, und bei einem Fenster des Hauses sieht es einen Herrn mit einer grossen gepuderten Perücke, deren Locken ihm über die Schultern herabfallen, sich herauslehnen und ihm mit der bemanschetteten Hand freundlich winken. Von Neugierde

getrieben, obschon mit klopfendem Herzen, nähert es sich zaghaften Schrittes, aber wie näher es kommt desto bleicher scheint ihm das Gesicht des Winkenden, den es im Mondschein gar deutlich sieht, so dass es entsetzt ein Kreuz schlägt. Da verschwindet der ganze Spuk, alle Lichter sind plötzlich erloschen und das geängstigte Mädchen eilt raschen Schrittes nach Hause, wo es ganz betäubt ankommt. Von diesem Augenblicke an war es bis an seinen frühen Tod mit starken Zufällen behaftet.

Aus: R. M. Kully, H. Rindlisbacher, Die älteste Solothurner Sagensammlung, in: Jurablätter. Monatsschrift für Heimat- und Volkskunde, 1987. Mit freundlicher Genehmigung von R.M.Kully. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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