S Häxebuech

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Scho vor alte Zyte isch dä Spruch ume gange

«Ei Liebi, eis Härz, ei Trüi,

Blybt ewig schön by zwöi.»

Kei Wunder, wenns dä Gränchner Burscht i der Stude obe zum ene Meitschi uf Gossliwil übere zoge het. Es isch aber au gar nes tuusigschöns Buuretöchterli gsi mit längem, flächsigem Hoor. Dä Burscht hätts vor luter lötiger Liebi chönne frässe, so gärn het er`s gha. Jo, wenn er an es dänkt het, so het er schon es wässerigs Muul übercho.

Ändligen isch es Samstig z obe worde. Er geit d Holzstäge uuf i sy Chammere. Dört zieht er syni Überchleider ab, leit der Sunndigschittel a, und macht sy uf e Wäg, em Bach no abe über d Wyti und d Höchi gäge Gossliwil zue.

Gärn wär er Tag und Nacht und no lieber für immer bi däm bildhübsche Jümpferli blibe. Aber was wottsch, d Zyt vergoht und er macht sy wider uf e Heiwäg. Do chunt er dur ne grosse, stockfyschtere Wald. Bi re Chrüzstros blybt er stoh und bsinnt sy: «Was gugger, wie goht do der Wäg wyter?» Doch halt! Er trout synen Auge nit und macht ne par Schritt zrugg. Chöme do nit Liechtli, heiterblaui Liechtli cho z flüge? Wie wild fahre si Tannen uuf, Tannen ab und funklen und flimmere wie Stärneschyn. Handcherum husche si wie chlyni Latärnli vo Ascht zu Ascht, und der Wäg lüchtet häll uuf. Isch es nit, si wölle ihm dur dä schwarz Wald der Wäg zeige! Was wott dä Burscht angers? Er lauft wie im Traum dene Flämmli no. Aber echly arig und uheimelig chunt s em scho vor.

Z ringsetum kei Ton. Aber jetz won er wyter goht, ghört er höch i de Escht ne Wiggle chädere und geitsche :

«Ägertschen, Ägertsche, rätsch, rätsch, rätsch, Häx, Häx, Häx !»

Was soll ächt das bidüte?

Am liebschte hätt dä Chnab eis vo dene Liechtli wölle foh. Aber oha lätz! Won er eis wott packe mit syne gstablige Häng, drohlet er über ne Stei und scho lyt er imene gstachlige Gstrüpp vo Schwarzdorn. Was blybt em angers, as wider ufzstoh, wen er dä chutzlig Wäg dur Stude und Stöck nit wott verfähle. Do stürchlet er halt mit länge Schritt wider dene Liechtli no. Isch das möglich! Ufsmol geischtere sie um ne verlotterete Turm, und won er umeluegt, sy si wie der Blitz i de Spält verschwunde. Jä halt! jetz geit däm Gränchner nes Liecht uuf. Das isch jo der Turm vo der alte Tüüfelsburg!

Do, was goht? Er traut synen Auge nit - eso isch er vergelschteret - und doch isch es wohr! Us der Tüüfelsburg chunt e Tschuppele vo Häxe cho z düüssele. Wie dunkli Schatte chöme si cho z schlyche, gäng nöcher und nöcher. Und jetz und jetz lueg me au do zue: die

Heimelige Gstalte umarme sie - e wunderligi Musig ghört me und die Häxe fö uf em Platz vor em Turm afo tanze. Cha me dänke, wie dä Burscht erchlüpft isch. Er blybt stoh wie agfrore, luegt fasch d Augen uus und bringt s Muul nümme zäme. Do gseht er erscht, ass einen uf me Waldstei obe sy Gygeboge schwingt und i de höchste Tön luschtigi Stückli spilt. Es isch es gspässigs Luege: dä gross, läng Gstabi i de Läderhose, ne grasgrüene Chittel und e pächschwarzi Zipfelchappe. Au sys spitzige Bärtli het kei Ruej. Eister geits im Takt vo der Musig hin und här, ufen und abe. Zuegangen isch es by dene Häxe wie imene hölzige Himel, eso hei sie grumpuset, gschnäderet und gchiflet, me het keis Wort verstange.

Aber das isch no alls nüt! Eini vo dene Häxefraue het scho lang no däm Gränchner Burscht gschilet. Jetz winkt si mit der Hand und lauft grad uf ihn zue. Er luegt zwöimol - sött er die nit gchenne? Isch es emänd die vo der Studen oben abe? Er cha nit gnue stuunen und luege. Längi, ufglösti Hoor, nes schwarzes Ohretüechli um e Chopf, es rotghüslets Junti und verlatzeti Überstrümpf bis a Boden abe. By Gott, jo, jo! es isch se! Prezys, si himpet immer no uf eim Bei wie früecher. Die macht nit lang, scharwänzlet um dä Burscht, packt nen am Chittelfäcke, nimmt nen obenynen i ihri Arme, und scho wirble die zwöi wie nit gschyd z ringsetum. Potz Heimatland! wie het die chönne tanze. Ihres lahme Bei isch wie wäg gschneit gsi. Und ihri Auge, gross wie Mühlireder, hei glüchtet füürzündrot. Es het eim dunkt, die Tüüfelsburg gwahris au, ass es do nit mit rächte Dinge zuegeit. Dä Burscht, was het er angers chönnen, as mit z`tanze. Däm sys Härz het pöpperlet. Der Tschuder isch em der Rügge ufgschossen und syni Bei hei afo gramsle, wie wen er in en Ameisehuufe trampet wär. «Ui, ui!» het er pyschtet und bärzet, wenn si nem zu allem zue no uf d Zeche trampet isch. Won er ändli glaubt het, jetz chönn er echly ufschnuufe, so het dä Musikant i sym grüene Chleid sy Chifel mit em Bärtli wider uf sys Gygebrätt gsetzt, und es isch wider wie wild mit Tanze wyter gange. Ach Gott, si hei däm Gränchner kei Ruej glo, und eis Häxewyb ums angere isch derhär cho und het mit em der Chehr gmacht. Wo s ne dunkt het, es syg jetz gnue Heu ab der Bühni, do trappet der läng Grüen mit eme dicke Buech ungerem Arm grad gägen ihm zue. «Heiligs Verdiene, was Schröckligs muess s ächt no gä!» Dä cha nit gnue fäderläcklen und chüderlen und het em nes Buech - säge mer s grad rächt - s Häxebuech unger d Nase. Jetz leit er das Buech uf ne Steiplatte und bletteret nes par Syte hin und här. Duderno schnellt er der Chopf uuf und verdräiht verschmitzt syni Auge wien es schynheiligs Herrgöttli und lächlet: «Du do, du gfallsch mer gäng wie besser; schryb do dy Namen i das Buech. Am beschte grad mit dym eigete Bluet. Weisch, es goht so vil ringer. Nimm, do hesch grad ne Fädere für is Buech z schrybe.» Derby längt er i Sack und drückt em es spitzigs Mässer i d Finger. «Jetz nume hü, stich i d Hang, de hesch Bluet für z schrybe, so vil ass de wottsch. Machs grad! Du wirsch gseh: übernacht bisch steirych, überchunsch ne Chischte voll Guld und Edelstei. Wirsch s wohl chönne bruuche!» Es wird däm Burscht schwarz vor den Auge. «O Schreck, mit em eigete Bluet! Hälf Gott!» ghört me ne grad use brüele. I syr grösste Not macht er s Chrüz mit der Hang. - Aber, was wott er angers! Er nimmt d Fädere - er zitteret - jetz e Schnitt i d Hang! Er blüetet - er setzt a zum Schrybe - doch halt! Ghört er nit e Stimm wie us heiterem Himel: «Schryb, aber schryb nit dy rächt Namen is Buech, süsch bisch verhäxet und chunsch nümme hei.» - Und die Stimm hilft em schrybe - bluetigrot:

«Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.

Wir alle, wir loben Gott den Meister. Amen.»

Drüberabe cha dä Burscht nit gnue töüf ufschnuufen, und es wird em gottlob liechter ums Härz. Blitzschnäll rysst em der Tüüfel das Häxebuech us de Häng. Er liest - tuet wien e Hänker, fluecht und wätteret, ass er dä Chehr a Lätz groten isch. Er macht d Füüscht und wott uf ne... I däm Augeblick schlot s vom Archer Chilchli eis i d Nacht use. Jetzt was gscheht? Pauff! Ne Donnerschlag! Es chrachet und blitzget i eim yne. Bürschtedick fots afo haglen und rägnen, ass me meint, d Wält wöll zäme gheie. Bym Umeluege gseht dä Burscht keis Bei meh vo dene Waldhäxen, und au der Tüüfel isch verschwunde. Het sen ächt dä Donnerschlag dür all Böde düre verjagt? Au um d Tüüfelsburg unten isch es wider still worde, wie in ere Totechammere.

Üse Chnab luegt dry wie wen er us allne Himel gfalle wär. Dä gschlagnig Tropf het keis Blybe meh. Gleitig zieht er sy Zipfelchappe töüf über d Ohre. Verstöberet stürchlet er uf und dervo, und bim Archer Chilchli pfiret er uf em holperige Charwäg z dürab und es chunt ihm vor, wie wenn er d Häxe hinger sym Rügge hätti. Aber jetz, jetz blybt er stoh. Isch nit, er gspürt öppis Schwärs unger sym Arm? Was, es wird nit sy! Und doch isch es wohr. - Wär hätt das dänkt! s Häxebuech isch es, won e so drückt! «Jesis Gott im Himel obe! Nit müglich! Wie chunt jetz das Buech zu mir? Jetz isch doch alles verhäxet uf der Wält!» macht er, und hät das Buech am liebschte is Pfäfferland gwünscht. «Aber wärweis, es chönnti doch no für öppis guet sy», und wohl oder übel treit er s heizue. Aber ungerwägs blybt er mängisch stoh und muess verschnuufe. Au syni Chnöi hei afo zittere, so het em das Buech z schaffe gmacht. Won er wyter lauft, dunkt s ne, die Burdi wärdi gäng wie schwerer. Ändlige, pflätschnass und mit müede Bei chunt er hei. Aber chuum isch er zur Türe y, schloht er das Häxebuech uuf, bletteret und chunt us em Stuunen nit use. Er foht afo zelle. Was, s wird nit sy! 57 Näme, 57 Näme het er hei treit! Het me scho so öppis ghört uf der Wält? Nit vergäbe isch das Häxebuech so heillos schwär gsi. Aber höchsti Zyt, ass er jetz is Bett geit. Wie bim Tanze dräit sich bi ihm no alls z ringsetum. Er runzlet im Bett no lang hin und här, kaländeret, bis er ändliche cha yschlofe. Am Morge, won er ufsteit, chunt em alls wider i Sinn, und s Häxebuech isch halt gäng no uf em Tisch. Uheimelig isch em i syr Chammere, erscht no, won er a die 57 Näme dänkt. Er bsinnt si hingertsi und füretsi und weiss nit was mache mit däm Buech. «Weisch was?» seit er zuen em sälber: «I goh zum Pfarrer, dä versteihts besser was mache, dä soll sälber luege. Und so macht er s. Schnuerstracks lauft er, sys Buech ungerem Arm, der Räbwäg z dürab is Pfaarhuus. «Chömet yne i d Stube. Was heit er am Sunndig morge scho so gly?» seit der Pfaarer echly erstaunt. Dä Burscht fahrt uuf und stagglet durenang, was weiss i, vo dene Häxe und vo däm Buech dort äne i der Tüüfelsburg. «Was, was säget dir au? Wird nit sy!» macht der Pfaarer. Er schüttlet der Chopf, lüpft d Achsle und schloht das dicke Buech uuf mit syne zitterige Häng. Er bletteret und bletteret und faht afo läse. Däm sys Gsicht wird gäng wie lenger und lenger. Oha lätz! Er zieht sy Brille ab und schloht syni wysse Häng zäme, so isch er verschrocke. «Jössis Maria und Sant Joseph, isch das müglich! Do het s jo ne ganzi Zylete Näme vo Gränche, woni guet gchennt ha! Gnad Gott - wär hätt das dänkt!»

Es isch für e Pfaarer grüsli trurig gsi, so öppis z läse. «I Gottsname, d Lüt sy scho früecher nit alli brav und fromm gsi», süüfzget der Heer und zieht d Stirne zäme, so isch s em z Härze gange. Er isch müed worde und het uf me Stuehl usgruejet. - Nach eme Wyli steit er wider uuf und me ghört ne lysli bätte: «Der Heiland isch üse Höchscht uf der Wält - er verloht üs nit und tuet üs hälfen uf allne Wäge.» - Me het s im Pfaarer agseh, gottlob het s im wider echly gwohlet. Üsem Gränchner Burscht het s fasch echly Leid to. Er het der Herr au gar in es Züüg brocht. Aber gliechtet het s em glych, ass er das Häxebuech nümm het müesse hei träge.

Was derno mit däm Häxebuech gangen isch? chönnt me si froge. Merkwürdig, vo däm Buech het niemer öppis wolle wüsse. Au der Pfarrer het nie me öppis dervo verzellt.

Quelle: P. Keckeis, M. Kully, Sagen der Schweiz. Solothurn, Zürich 1987. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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