Der Schatz im See von Lucelle

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

In der Nähe der Côte de Mai, wo die Lucelle entspringt, gibt es ein einsames und wildes Tal, durch das die Lucelle zwischen dicht bewaldeten Hügeln fliesst.

Vor langer Zeit stand hier die berühmte Abtei von Lucelle. Ein von Nussbäumen beschatteter Weg führte einst von der Abtei an einem geheimnisvollen See vorbei. Noch heute sagen die Leute aus der Gegend, dass auf dem Grund des Sees prächtige Schätze verborgen liegen.

Es wird erzählt, dass eines Tages der edle Huzon, Herr von Mormont, genug hatte vom Kriegsgeschäft, vom Erobern und Unterwerfen. Sein Gewissen fand keine Ruhe mehr. Er beschloss, Busse zu tun, in einen Orden einzutreten und sein gesamtes Vermögen unter den Armen zu verteilen. In seiner kostbaren Kutsche, beladen mit Kisten voller Gold, Juwelen und Edelsteinen, verliess er sein Schloss.

Die Pferde zogen die Kutsche Richtung Lucelle, wo Huzon im Kloster des Bernhardinerordens um Aufnahme bitten wollte. Doch als die Kutsche am Ufer des Sees ankam, stürzte sie in das tiefe Wasser und die Wellen verschlangen Huzon, die Pferde und die Schätze für immer.

Seitdem, so sagt man, erhebt sich in der Johannisnacht eine prächtige Kutsche aus purem Gold aus den Tiefen des Wassers. Wer es schafft, sie ans Ufer zu ziehen, dem gehört die Kutsche mitsamt den Schätzen. Doch wehe dem, der auch nur ein Wort spricht, er verliert alles und gerät in grosse Gefahr.

Einmal beschlossen sieben Glasmacherbrüder aus der Gegend, ihr Glück zu wagen. In der Johannisnacht standen sie am Ufer des Sees. Als die goldene Kutsche aus den Wellen stieg, gaben sie sich gegenseitig Zeichen, damit keinem ein Sterbenswörtchen über die Lippen käme.

Als die Kutsche sich schon dem Ufer näherte, griffen die Brüder schnell nach der Deichsel und zogen sie mit aller Kraft den Hang der Côte de Mai hinauf. Da löste sich ein Stein und rollte vor eines der Räder. Die Kutsche kam zum Stehen.

Einer der Brüder schob den Stein fort und rief: «Zieht die Kutsche, Brüder. Zieht!»

In diesem Moment packte eine unsichtbare Hand die sieben Brüder und warf sie in die Kutsche. Wie ein Blitz rollte sie den Hang hinunter, vorbei an der Mühle von Bourrignon, in Richtung See. Den Brüdern gelang es, bei voller Fahrt aus der Kutsche zu springen, bevor diese in den Wellen des Sees verschwand. Von diesem Tag an fanden die sieben Brüder keine Ruhe mehr. Im Zorn erschlugen sie den, der die Worte gesprochen hatte, und von diesem Tag an traute keiner mehr dem anderen. So starb einer nach dem anderen, bis nur noch einer übrig blieb. Dieser irrte lange Zeit in den Wäldern umher, bis er eines Nachts an das Ufer der Lucelle kam und von einer unsichtbaren Hand ins Wasser gezogen wurde.

Seitdem hat es niemand mehr gewagt, die Kutsche in der Johannisnacht ans Ufer zu ziehen. Deshalb, so sagt man, liegen die Schätze  heute noch  auf dem Grund des Sees.

Nach «Le trésor de l'Abbaye de Lucelle» aus: Joseph Beuret-Frantz, Sous les vieux toits, Légendes et contes jurassiens. Porrentruy, 1949. Aus dem Französischen übersetzt, und neu gefasst unter Mitwirkung von Michèle M. Salmony Di Stefano © Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch

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