Der Schatzwagen

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

In der Nähe des Gerzensees zwischen Thun und Bern lebte ein habgieriger Bauer, dem nichts zuviel noch zuwenig war.

‏Er hatte sich in den Kopf gesetzt, einen Schatz zu heben, der in einem Hügel unweit des Gerzensees verborgen sein sollte.

‏Man erzählte sich, dass am Ostertage nachts ein Knarren und Rasseln aus dem Hügel zu hören wäre. Dort drinnen sei ein ungeheurer Wagen mit vier eisernen Rädern verborgen, beladen mit Fässern voller Golddukaten. Und um Mitternacht zwischen Karfreitag und Ostersamstag rage eine eichene Deichsel auf der Morgenseite des Hügels hervor. Wer ein Gespann von drei schwarzen Hengsten an diese Deichsel anspanne, der kann den Wagen mit dem Schatz aus dem Hügel ziehen. Aber Schlag ein Uhr fahre die Deichsel wieder in den Hügel zurück. Noch niemandem sei es gelungen, den Wagen hinauszuziehen.

‏Diesen Schatz für sich zu gewinnen, gelüstete den habgierigen Bauern. Viele Nächte hatte er auf dem Hügel mit Schaufel, Eisen und Hammer gegraben, geklopft und gepfählt, aber nie hatte es hohl geklungen und nie wollte sich ihm der genaue Ort offenbaren.

‏Weil alles umsonst war, liess er einen Geisterbanner kommen, der sich in geheimen Künsten auskannte. Dieser ging des Nachts auf Kundschaft aus und mit Katzenhaar und Totentalg machte er den Ort aus, wo der Wagen vergraben sein musste. Er riet dem Bauern, so manchen kohlschwarzen Bock auf dem Hügel zu schlachten, als er Fässer mit Golddukaten auf dem Wagen finden wolle. Der Bauer schaffte soviel schwarze Böcke herbei, als er deren habhaft werden konnte, und schlachtete sie um Mitternacht auf dem Schatzhügel.

‏Ungeduldig erwartete er die Nacht vor Ostern und hielt drei starke Hengste in Bereitschaft. Als es finster geworden war, zogen er und der Geisterbanner mit den Hengsten und Geräten zum Hügel am Gerzensee.

‏Der Geisterbanner beschwor den Bauern, kein Wort und keinen Laut in der Geisterstunde von sich zu geben, denn dies sei das Ende seiner Hoffnungen auf lebenslang. Als der letzte der zwölf Schläge um Mitternacht verklungen war, knirschte und krachte es im steilen Hügelhang und eine mächtige Deichsel schob sich aus dem Erdreich heraus. Ein schwefliges Licht flackerte an der Spitze der Deichsel. Schnell spannte der Bauer die drei schwarzen Hengste vor, und trieb die wiehernden und sich sträubenden Tiere an. Da konnte der habgierige Bauer vor Freude nicht mehr an sich halten und machte sich durch ein übermütiges Jauchzen Luft. Da fuhr der Wagen samt den drei schwarzen Hengsten blitzschnell in den dunklen Erdschlund zurück und der Bauer stürzte besinnungslos zur Erde.

‏Als er in der Morgenfrühe wieder zu sich kam, waren Pferde, Wagen, Geisterbanner spurlos verschwunden. Vom Wahnsinn gepackt rannte der Bauer davon, der vorüberfliessenden Aare zu, und auch ihn hat kein Mensch je wieder gesehen.

Aus: P. Keckeis, M. Waibel, Sagen der Schweiz. Bern, Zürich 1986.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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